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SCHWARZE

Die Geschichte der Mitgliedschaft der Schwarzen in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage lässt sich in den Zeitraum von 1830 bis Juni 1978 und die darauf folgende Zeit unterteilen.

GESCHICHTE. Trotz ihrer geringen Anzahl haben sich Schwarze von der Kirche seit ihrer Gründung angezogen gefühlt. Frühzeitige Bekehrte (solche wie Elijah Abel) schlossen sich während der 1830er Jahre der Kirche an. Andere (wie Jane Manning James) traten der Kirche bei, nachdem die Heiligen nach Illinois gezogen waren. Unter denen, die als Pioniere nach Utah kamen, waren Green Flake, der Brigham Youngs Wagen in das Salzseetal fuhr, und Samuel Chambers, der sich als Sklave in Virginia der Kirche angeschlossen hatte und nach seiner Befreiung in den Westen ging.

Während des 20. Jahrhunderts schlossen sich weitere kleine Gruppen von Schwarzen der Kirche an, wie Familie Sargent aus dem Kreis Carolina in Virginia, die sich 1906 anschlossen. Len und Mary Hope schlossen sich in Alabama während der 1920er Jahre an, Ruffin Bridgeforth, ein Bahnarbeiter in Utah, bekehrte sich 1953 und Helvecio Martins, ein schwarzer brasilianischer Geschäftsmann, wurde 1972 getauft (1990 wurde er eine Generalautorität). Diese Mitglieder blieben ihren Zeugnissen und Kirchenaktivitäten gegenüber verpflichtet, obwohl schwarze Mitglieder in der Zeit vor 1978 weder das Priestertum tragen noch an Tempelverordnungen teilnehmen konnten.

Die Gründe für diese Einschränkungen sind noch nicht offenbart worden. Kirchenführer und Mitglieder haben diese im Laufe der Zeit auf verschiedene Weise erklärt. Obwohl einige Schwarze in den 1830er Jahren zum Priestertum ordiniert wurden, gibt es keinen Beweis dafür, dass Joseph Smith erneute Ordinierungen in den 1840ern autorisierte. Zischen 1847 und 1852 beharrten Kirchenführer darauf, dass Schwarze das Priestertum aufgrund ihrer Abstammung vorenthalten werden sollte. Gemäß dem Buch Abraham (nun Teil der Köstlichen Perle) wurde den Nachkommen Kains das Priestertum Gottes verweigert (Abraham 1:23-26). Einige Heilige der Letzten Tage spekulierten, dass Schwarze diesbezüglich während ihrer gesamten Zeit in der Sterblichkeit eingeschränkt würden. Jedenfalls sagte Brigham Young bereits 1852, dass die „Zeit kommen wird, wenn sie das Vorrecht zu allem haben werden, wozu wir das Vorrecht haben und noch mehr“ (Aufzeichnungen von Brigham Young, Kirchenarchiv, 5. Feb. 1852). In den 1960er Jahren lehrten die Präsidenten der Kirche zunehmend, dass die Verweigerung der Zulassung zum Priestertum ein vorrübergehendes Gebot des Herrn sei, Schwarze aber schließlich nicht vom Besitz ewiger Segnungen abhalten würde.

Missionare mieden es Schwarze zu bekehren und Generalautoritäten trafen die Entscheidung, keine Missionare nach Afrika, große Teile der Karibik, oder in andere Regionen zu schicken, wo viele Schwarze lebten. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden nur deutschsprachige Missionare nach Brasilien geschickt, wo diese deutsche Einwanderer ausfindig machten. Als die Kriegsregelungen der Regierung die Bekehrung unter den Deutschen einschränkte, wurde die Missionsarbeit erweitert, so dass portugiesischsprachige Brasilianer miteingeschlossen wurden. Aufgrund der Abstammung (Genealogie) zu entscheiden, wem das Priestertum gegeben und wem es vorenthalten wurde, entwickelte sich zunehmend zu einer sensiblen und komplexen Angelegenheit.

Während dem Jahrzehnt der Bürgerrechte in den Vereinigten Staaten zog die Vorenthaltung des Priestertums für Schwarze zunehmende Kritik nach sich. In den späten 1960ern gipfelte diese in heftigen Boykotts der Brigham Young Universität, drohenden Gerichtsverfahren und öffentlicher Verurteilung der Kirche. Wenn Kirchenbeamte auf die Kirche und Schwarze ansprochen wurden, sagten sie, dass die Aufhebung der Einschränkung des Priestertums eine Offenbarung von Gott erfordern würde und nicht die von Menschen vorgenommenen Veränderungen der Grundsätze.

KÜRZLICHE ENTWICKLUNGEN. Am 9. Juni 1978 verkündete Präsident Spencer W. Kimball die Offenbarung, dass alle würdigen männlichen Mitglieder das Priestertum tragen konnten (siehe Lehre und Bündnisse: Amtliche Erklärung 2). Nach der Offenbarung über das Priestertum im Jahre 1978 wurde die Missionsarbeit weltweit ausgedehnt, um die Menschen afrikanischer Abstammung mit einzuschließen. Zwischen 1977 und 1987 wuchs die Mitgliedschaft von 3.969.000 auf 6.440.000 mit einer Zunahme von 62 Prozent. Da die Aufzeichnungen der Mitgliedschaft keine Volkszugehörigkeit berücksichtigt, ist es unmöglich den Zuwachs der Mitgliedschaft der Schwarzen genau zu ermessen, außer in den Gebieten, wo ein Großteil oder alle Menschen nur afrikanischer Abstammung sind. In der Karibik, Puerto Rico ausgenommen, stieg die Mitgliedschaft von 836 auf 18.614 und in Brasilien während dieses Jahrzehnts von 51.000 auf 250.000.

Auch in anderen Gebieten Lateinamerikas, wie Kolumbien und Venezuela, schlossen sich zunehmend Schwarze der Kirche an. In Europa schlossen sich Schwarze, einschließlich afrikanischer Einwanderer in Portugal, der Kirche an. Darüberhinaus expandierte die Missionsarbeit in Ghana, Nigeria und im ganz West- und Zentralamerika mit gewaltiger Geschwindigkeit. Ausgenommen in Südafrika, wo die Mitgliedszahl vorwiegend weiß war, stieg die Mitgliedschaft von 136 in 1977 auf 14.347 Mitglieder in 1988, fast alle davon inWestafrika (siehe Afrika, die Kirche in).

Das afro-amerikanische Geschichtsprojekt, bei welchem Augenzeugen der Geschichte befragt wurden, wurde vom Charles Redd Zentrum für Westliche Studien der Brigham Young Universität durchgeführt. Es zeigte die zunehmende Zahl schwarzer Mitglieder in den Vereinigten Staaten. Interviews mit schwarzen Heiligen der Letzten Tage im gesamten Land, ein Symposium über Afro-Amerikaner bei den HLT, welches an der Brigham Young Universität abgehalten wurde, sowie Antworten auf eine per Post versandte Umfrage führten zu zuverlässigeren Angaben (Datenfluss) zu den Gedanken, Gefühlen, Überzeugungen und Erfahrungen der Afro-Amerikaner bei den HLT. Die Studie ergab, dass Afro-Amerikaner innerhalb der Kirche sowohl Akzeptanz als auch paradoxerweise kulturelle Missverständnisse erfahren. Beispielsweise äußerten bei der Umfrage 81 Prozent aller Befragten , dass sie Hoffnung für ihre Zukunft als Schwarze in der Kirche verspürten. Sie erklärten, dass sie mehr soziale Interaktion und bedeutungsvollere Beziehungen mit Kirchenmitgliedern aller Völkergruppen erfahren hatten, besonders mit Weißen. Gleichzeitig sagten jedoch 46 Prozent, dass weiße Mitglieder sich der „Belange und Probleme der schwarzen Mitglieder“ nicht bewusst seien. Einige empfanden einen Mangel an Kameradschaft sowie wirtschaftliche und rassistische Voreingenommenheit von Seiten weißer Mitglieder.

Schwarze Heilige der Letzten Tage sind ein nicht homogener Mix aus verschiedenen „Geschlechtern, Sprachen und Völker“, welche durch tausend Jahre lange, noch nie dagewesene religiöse und kulturelle Ausgrenzung entstanden sind. Was Afro-Amerikanische HLT betrifft, erfahren viele schwarze Mitglieder außerhalb der Vereinigten Staaten ganz andere Umstände. Einerseits sind sie vollständig in der Kirche involviert, andererseits gibt es eine allgemeine Unkenntnis in der Kirche in Bezug auf ihre jeweiligen Kulturen. Örtlichen Führern und Mitgliedern (hauptsächlich weiße Heilige der Letzten Tage) fehlt es oft an einem hinreichendem Grundverständnis der Bedürfnisse, Sorgen und Umstände schwarzer Mitglieder. Trotz der Offenbarung zum Priestertum im Jahre 1978 und ausgedehnter Missionsarbeit unter den Schwarzen, verbleiben unerprobte Herausforderungen bezüglich des Zuwachses und der Beibehaltung schwarzer Mitglieder als Gegenbild zu ihrer Glückseligkeit aufgrund ihrer Aufnahme im Priestertum.

Trotz anhaltender kultureller Missverständisse genießen schwarze Heilige der Letzten Tage die sich bietenden Gelegenheiten bei allen verschiedenen Formen von Kirchenaktivitäten, einschließlich der Missionsarbeit, Kollegiumsführerschaft, Bischofschaften und Pfahlpräsidentschaften in Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern. Der erste Pfahl in Afrika mit ausschließlich schwarzen Mitgliedern wurde 1988 gegründet. Schwarze Heilige der Letzten Tage sind wohl in der Tat ein historisches Rätsel, welches sich zu einen ersten Erfolgsbeispiel in der Brüder- und Schwesternschaft der HLT entwickelte.

BIBLIOGRAPHIE

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LDS Afro-American Oral History Project. Brigham Young University, Provo, Utah, 1985-1988.

ALAN CHERRY
JESSIE L. EMBRY