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NEUES TESTAMENT

Während der frühen Jahrhunderte der christlichen Ära waren die Evangelien im Neuen Testament die hauptsächlichen schriftlichen Zeugen dafür, dass Jesus der Christus ist. Keine andere Schriftensammlung bot die Einsicht, die Macht des Lehrens und folglich die geistige Anziehungskraft für Christen. Das Neue Testament stellt auch die Grundlage der Wiederherstellung des Evangeliums in den Letzten Tagen dar. Der jugendliche Joseph Smith las im Jakobusbrief (1:5), als er inspiriert wurde, wegen seiner Verwirrung über Religion zum Herrn zu beten. Dies führte zu seiner ersten Vision (JSLg 1:7-20). Das Neue Testament ist eines der Standardwerke oder kanonisierter Schriften, die Heilige der Letzten Tage akzeptieren, die sich von deren Seiten geistige Stärke und Erleuchtung erhoffen. Ferner akzeptieren sie die Kurzberichte im Neuen Testament als korrekte Darstellungen des Lebens und des geistlichen Dienstes Jesu Christi und auch des geistlichen Dienstes seiner Apostel und ihrer Mitarbeiter. Hierdurch lernt man viel über die Ordnung und Organisation der frühsten Kirche zur Zeit des Neuen Testaments. Darüber hinaus enthält das Neue Testament viele von Gottes Bündnissen und Geboten, die Jesus persönlich gab und die nach seiner Himmelfahrt durch seine Apostel gegeben wurden. Heilige der Letzten Tage schätzen auch die Prophezeiungen über die Letzten Tage im Neuen Testament.

Die Schriften im Neuen Testament wurden höchstwahrscheinlich alle im ersten christlichen Jahrhundert der christlichen Ära produziert. Dennoch machte seine Textsammlung drei Jahrhunderte voller Änderungen, Akzeptanz und Ablehnung durch, bevor das Neue Testament seine anerkannte und derzeitige Form annahm, die zuerst im Osterbrief des Athanasius in Ägypten im Jahre A.D. 367 erwähnt wird. Die dritte Synode von Karthago (A.D. 397) kanonisierte die Bücher des Neuen Testaments, wie sie im Brief des Athanasius stehen, weil jedes Schriftstück drei Qualifikationen aufwies: apostolische Vollmacht, Unterstützung durch eine große christliche Gemeinschaft und ein Fehlen falscher Lehren.

Der Anstieg sogenannter Ketzereien im zweiten Jahrhundert zeigte den Verlust prophetischer Offenbarung und machte somit deutlich, das Christen zu den Aposteln zurückkehren mussten, um zuverlässige Schriften zu finden. Einer der Ketzer, Marcion (ca. A.D. 130), beschränkte seine frühe Schriftensammlung auf nur ein Evangelium: Lukas, und auf die Paulusbriefe, die er freizügig bearbeitete.

DIE EVANGELIEN. Aus mindestens zwei Gründen halten Heilige der Letzten Tage die Evangelien im Neuen Testament für im Grunde genommen korrekte Berichte des Lebens und Dienens Jesu Christi. Erstens beschrieben viele vorchristliche Prophezeiungen, besonders im Buch Mormon, spezifische Ereignisse in Jesu Leben im einzelnen, einschließlich den Namen seiner Mutter, Umstände seiner Geburt, seine Taufe, seine Wahl von zwölf Aposteln, die Wunder, die er wirkte, seine Abweisung und sein Leiden und seinen Tod und seine Auferstehung (z.B. 1 Ne. 11:13-36, Mosia 3:5-11, Siehe Jesus Christus: Ministry of Jesus Christ). Zweitens führte Joseph Smiths inspirierte Arbeit an der Joseph Smith Übersetzung der Bibel (ÜJS) ihn dazu, klärende Details über den Hintergrund und Inhalt gewisser Geschichten über Jesus hinzuzufügen und in vielen von Jesu Gleichnissen und Lehren Anwendungen auf die Letzten Tage zu sehen.

Das Evangelium nach Matthäus zeichnet sich durch zwei einzigartige Punkte aus: den häufigen Gebrauch von Verweisen auf das Alte Testament und sechs von Jesu Predigten (Siehe Matthäus, Evangelium nach). Man nimmt an, dass Matthäus’ häufige Benutzung von Verweisen zum Alten Testament eine jüdische Leserschaft und die Ansicht anzeigt, dass das Christentum die Erfüllung des prophetischen Judentums war.

Was bedeutungsvoll für Heilige der Letzten Tage ist: Teile dieses Evangeliums weisen auf außerbiblische Schriften hin. Zum Beispiel berichtet das Buch Mormon, dass der auferstandene Jesus, als er Jünger in der westlichen Hemisphäre (ca. A.D. 34) besuchte, eine Predigt hielt, die fast identisch mit der Bergpredigt ist, was die Gültigkeit und allgemeine Anwendung der Predigt unterstreicht (3 Ne. 12-14, Mt. 5-7, Siehe auch Seligpreisungen). Darüber hinaus führte Joseph Smiths Arbeit an der ÜJS ihn dazu, inspirierte Revisionen anzufertigen. Die häufigsten hat er vorgenommen in der Bergpredigt und in Jesu Predigt über das Schicksal Jerusalems und seines zweiten Kommens (Mt. 24, Siehe Joseph Smith-Matthäus).

Während dem Evangelium nach Markus in HLT-Studien nur mäßige Aufmerksamkeit geschenkt worden ist, haben Kirchenmitglieder gewöhnlich das Studium dieser Seiten sehr geschätzt. Markus‘ Darstellung von Jesus mag am dynamischsten sein und letztendlich auf die Augenzeugenerinnerungen von Petrus, dem Hauptapostel, zurückgehen.

Das Evangelium nach Lukas wird von manchen Gelehrten als „das wunderbarste Buch“ auf der Welt bezeichnet. Für Heilige der Letzten Tage ist es aus mehreren Gründen von besonderem Interesse, einschließlich seiner Erzählung der Weihnachtsgeschichte, seiner 17 sonst nirgendwo erscheinenden Gleichnisse, seiner starken Betonung auf Sündenvergebung und Jesu Mitgefühl für alle Menschen, sein Bericht über die Berufung und den Auftrag der 70 Jünger und die einzigartige Bedeutung, die es Frauen zuschreibt.

Das Evangelium nach Johannes wurde geschrieben, „damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist“ (Joh. 20:31). Johannes zählt mehrere Predigten Jesu auf, die in den anderen Evangelien nicht enthalten sind, und benutzt eine Reihe von „messianischen Metaphern“, um Jesu göttliche Natur und seine Mission bekannt zu geben: Wort, Lamm, Lebendiges Wasser, Ich Bin, Brot des Lebens, Lebendiges Brot, Licht der Welt, Guter Hirte, Auferstehung, der Weg, die Wahrheit und das Leben und der wahre Weinstock. Viele dieser Metaphern erscheinen auch in den Lehre und Bündnissen, einem Satz moderner Schriften, wo diese Art von Sprache erweitert und auf die wiederhergestellte Kirche angewandt wird. Ferner bezog sich der auferstandene Jesus während seines Besuches bei Jüngern in der westlichen Hemisphäre spezifisch auf seine Diskussion über „andere Schafe“, die nur in Johannes 10:14-16 aufgezeichnet ist, als er klarstellen wollte, zu wem er gesandt worden war (3 Ne. 15:12-24). Während desselben Besuches nach der Auferstehung benutzte Jesus mehrere Sätze und Beschreibungen -besonders von sich selbst und seiner Arbeit - die für das Evangelium nach Johannes charakteristisch sind (z.B. 3 Ne. 11:10-11, 14, 27, 32-36).

DIE APOSTELGESCHICHTE. Von der Erzählung der Himmelfahrt Jesu bis zum Bericht über Paulus’ Dienst, erzählt die Apostelgeschichte vom geistlichen Dienst der apostolischen Zeugen zu Anfang der Christenheit. Heilige der Letzten Tage finden es interessant, dass als Ersatz für Judas ein Apostel gewählt wurde, um das Kollegium der Zwölf zu füllen, und dass Petrus die Qualifikationen für Apostel setzte: Sie müssen den Dienst Jesu kennen, sie müssen ordiniert werden, und sie müssen Zeugen seiner Auferstehung sein (Apg 1:21-22). Apostel in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage sind auch „besondere Zeugen des Namens Christi in aller Welt“ (LuB 107:23, 27:12, 84:108). Zusätzlich zeigt die Apostelgeschichte die reiche Ausschüttung des Heiligen Geistes in der frühen Kirche, sowohl in der Form anleitender Offenbarung als auch in Manifestationen der Gaben des Geistes, Eigenschaften, die Heilige der Letzten Tage erfahren und schätzen. Ferner tragen bestimmte prophetische Aussagen gewisse Bedeutungen. Zum Beispiel sehen Heilige der Letzten Tage Paulus’ Prophezeiung an die Ältesten von Ephesus bezüglich aufrüherischer Probleme innerhalb der frühen Kirche als eine inspirierte Erklärung über den bevorstehenden Abfall vom Glauben an (Apg. 20:29-30). Darüber hinaus denken sie, dass Petrus’ Vorhersage der Rückkehr Jesu aus dem Himmel „zur Zeit der Wiederherstellung von allem“ bedeutet, dass sie mit der Wiederherstellung des Evangeliums in den Letzten Tagen beginnt (3:19-21). Ferner berichtet die Apostelgeschichte recht viel über die Organisation, Lehren und die Art des Verkündens in der frühchristlichen Kirche.

DIE Briefe. Briefe im Neuen Testament unterteilen sich traditionsgemäß in zwei Gruppen, die von Paulus und die allgemeinen Briefe.

Der Stil in Paulus’ Briefen variiert zwischen der fast formalen Exposition im Römerbrief bis zur reizenden Überredung in Philemon. Außer für Lehren, die auch andere Christen schätzen, zeigen Heilige der Letzten Tage besonderes Interesse an bestimmten Lehren, Kirchenämtern und Praktiken, die in Paulus’ Werken angesprochen werden. Zum Beispiel wird der Platz der Andern in der Geschichte der Erlösung (Röm. 9-11) auch im Buch Mormon angesprochen (z.B. 1 Ne. 13:20-14:7, 22:6-11, 2 Ne. 10:8-18, Siehe Anderen, Fülle der). Das gemeinsame Erbe mit Christus (Röm. 8:16-17) wird in modernen Offenbarungen hervorgehoben (LuB 84:35-38, Siehe Erben). Adoption in das Bundesvolk Gottes (Röm. 8:14-15) behandelt auch das Buch Mormon (z.B. 2 Ne. 30:2, Siehe Gesetz der Adoption), der Wert geistiger Gaben (1 Kor. 12,

1 Thess. 5:19-20) betonen moderne Schriften (LuB 46). Die Bedeutung von Nächstenliebe oder Liebe (1 Kor. 13) Unterstreicht besonders der Prophet Mormon (Moro. 7:40-48). Paulus’ Liste der Tugenden, nach denen man streben sollte (Phil. 4:8) ist die Grundlage für Joseph Smiths dreizehn Glaubensartikel. Der vordringende Abfall vom Glauben (Gal. 1:6-9) und Uneinigkeit in der jungen Kirche (1 Kor. 1:10-13), wie auch Paulus’ Prophezeiung über die Unausweichlichkeit des Abfalls (2 Thess. 2:1-4, 1 Tim. 4:1-3) bildeten einen wichtigen Fokus der Worte des auferstandenen Jesus an Joseph Smith in der Ersten Vision (JSLg 1:18-19). Die Erfüllung des Gesetzes Moses in Christus (z.B. Gal. 3) wird nachdrücklich durch den auferstandenen Jesus im Buch Mormon bestätigt (3 Ne. 15:3-10, 9:19-20). Und seine buchstäbliche physische Auferstehung, zu der es viele Beweisstücke gibt (1 Kor. 15), wird durch die Erscheinungen des auferstandenen Jesus bei Jüngern in der westlichen Hemisphäre (ca. A.D. 34, 3 Ne. 11-28) und in Aussagen an Joseph Smith unterstrichen und erweitert ( LuB 130:22). In Kirchenorganisationsangelegenheiten halten Heilige der Letzten Tage Paulus’ Diskussion der apostolischen Führerschaft (Gal. 1:18-19, 2:9-10) und seine Besprechung von Priestertumsämtern wie Aposteln, Propheten, Evangelisten (Eph. 2:19-21, 4:11-13) und Bischöfen und Diakonen (1 Tim. 3) für die Verwaltung der Kirche für wichtig. Wenn es um Praktiken oder Verordnungen geht, schätzen Heilige der Letzten Tage Paulus’ Aussagen über das Abendmahl (1 Kor. 10:14-21, 11:23-30, 3 Ne. 18:28-29, Moro. 4-5), seine Erwähnung von Totentaufen (1 Kor. 15:29) und seine Anweisungen in Bezug auf das Händeauflegen (1 Tim. 4:14, 5:22). All dies existiert in der HLT-Kirche als Resultat moderner Offenbarungen, und die Briefe im Neuen Testament bezeugen ihre Existenz in der frühen Kirche.

In den allgemeinen Briefen gewinnt in der HLT-Ansicht der Jakobusbrief besondere Bedeutung wegen seines Einflusses auf den jungen Joseph Smith. Außer der Schriftstelle, die ihn veranlasste, um göttliche Führung zu beten, (Jakobus 1:5) schätzen Heilige der Letzten Tage die Lehre, dass sich die Qualität des individuellen Glaubens an Christus im täglichen Handeln (Jakobus 2:14-26, Siehe Glauben an Jesus Christus, Gnade) und in der Segnung der Kranken spiegelt (Jakobus 5:14-15). Aus den Schriften von Petrus werden vielleicht jene am häufigsten zitiert, die von Jesu geistlichem Dienst unter entschlafenen Geistern sprechen, während sein Körper im Grab lag (1 Petr. 3:18-20, 4:6) auch ein wichtiges Thema in modernen Offenbarungen (LuB 138, Siehe Erlösung der Toten). Außerdem interessieren Heilige der Letzten Tage Stellen, die die Verklärung (2 Petr. 1:17-18) und die inspirierten Mittel, durch die Prophezeiungen interpretiert werden (2 Petr. 1:19-21), besprechen. Weil sie von Aposteln geführt werden und glauben, dass ein Abfall von der frühchristlichen Kirche geschah, fühlen sich Heilige der Letzten Tage hingezogen zu den Komponenten des apostolischen Zeugnisses in Johannes’ Briefen (1 Joh. 1:1) und zu Hinweisen, dass sich ein ernster Abfall vom Glauben schon in der jungen Kirche zu entwickeln begann (1 Joh. 4:1-3, 3 Joh. 1:9-10).

BUCH DER OFFENBARUNG. Außer den Apostel Johannes als den Autor dieses Werkes zu bestimmen (1 Ne. 14:18-28), konzentrieren sich moderne Schriften auf Hinweise, die in der Offenbarung des Johannes erwähnt werden (LuB 77), und auf zusätzliche Materialien, die Johannes geschrieben hat (LuB 7, Siehe Johannes, Offenbarung des). Heilige der Letzten Tage konzentrieren ihr Interesse auf Angelegenheiten, die mit den Letzten Tagen zu tun haben ( LPJS, S. 290-98), einschließlich auf die Diskussionen über die endgültige Vernichtung des Schlechten und die tausendjährige Herrschaft Christi und seiner rechtschaffenen Anhänger (Offb. 19-20), die Vorfreude auf das Neue Jerusalem (Offb. 21) und die Vision eines „anderen Engels hoch am Himmel [fliegend]. Er hatte den Bewohnern der Erde ein ewiges Evangelium zu verkünden“ (Offb. 14:6). Letztere Schriftstelle wird gewöhnlich so interpretiert, dass sie sich auf den Engel Moroni bezieht, der Joseph Smith im Jahre 1823 besuchte und ihm den Vergrabungsort der goldenen Tafeln offenbarte. Darüber hinaus verstehen Heilige der Letzten Tage die Warnung davor, dem Buch etwas hinzuzufügen oder etwas davon wegzunehmen so (Offb. 22:18-19), dass sich dieser Hinweis ausschließlich auf das Buch der Offenbarung bezieht und nicht auf einen sich erweiternden Kanon von Schriften, den sie schätzen ( Dtn. 4:2,12:32, 2 Ne. 29:3-14).

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ROBERT C. PATCH

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