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KULT

Das Wort „Kult“ hat von neutral bis abwertend reichende Verwendungsformen. Es leitet sich vom Lateinischen cultus ab, was „Pflege“ oder „Verehrung“ bedeutet. Eine neutrale Verwendung des Wortes bezieht sich auf Glaubenssysteme und Rituale, die mit der Verehrung einer Gottheit verbunden sind. Gemäß dieser Definition weisen quasi alle Religionen, einschließlich der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, einige kultische Apekte auf.

Allerdings bezieht sich der Begriff „Kult“ im Allgemeinen oft auf eine seltenere Religion, welche als nicht orthodox oder als fadenscheinig betrachtet wird und eine große oder sogar exzessive Ergebenheit fordert. Allgemein wurde der Begriff von den Massenmedien und der Bewegung gegen Kulte im späten 20. Jahrhundert als eine negative Bezeichnung für solche sich erst kürzlich gebildete Gruppierungen wie die Vereinigungskirche und die Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein (Hare Krishna Bewegung) verwendet. Gleichzeitig wurde er auch dazu gebraucht, den Paulinismus, den Islam zu Mohammeds Lebzeiten und den Mormonismus im 19. Jahrhundert zu beschreiben.

Die gebräuchlichste sozialwissenschaftliche Definition bezeichnet einen Kult als die beginnende Phase einer völlig neuen Religion. Gemäß dieser Definition ist das zentrale Merkmal eines Kults eine radikale Trennung von existierenden religiösen Traditionen (Roberts). Gemäß ihrem Selbstverständnis ist die Kirche der HLT eher eine wiederherstellende Bewegung, welche göttliche Wahrheiten wiederhergestellt hat, als eine Reformationsbewegung, welche existierende Wahrheiten gereinigt hat. Dieses Verständnis stimmt mit dem sozialwissenschaftlichem Verständnis überein, dass der Mormonismus im 19. Jahrhundert aufgrund seiner Trennung von existierenden religiösen Traditionen ein Kult war.

Quellenangaben zu Kulten und anderen organisatorischen Klassifizierungen beschreiben die Merkmale religiöser Gruppen zu bestimmten Zeitpunkten ihrer Geschichte. Sozialwissenschaftler gebrauchen diese Klassifizierungen, um die normalen Vorgänge religiöser Evolution zu beschreiben. Die meisten Gruppierungen, welche als Kulte beginnen, schaffen es nicht, mehr als eine einzige Generation zu überdauern. Sehr wenige entwickeln sich zu einer entwickelten neuen Religion, welche Nichtanhänger als legitim oder konventionell anerkennen. Offensichtlich überdauerten sowohl das Christentum als auch der Islam erfolgreich den Übergang von einem Kult zu einer neuen Religion. Sozialwissenschaftler stimmen generell zu, dass die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nicht länger korrekt als ein Kult klassifiziert wird, sondern stattdessen als eine neue Religion angesehen werden sollte. Beispielsweise erklärte der Soziologe Rodney Stark die Kirche der HLT als den einzig wichtigsten Fall auf der Tagesordnung wissenschaftlicher Religionsstudien. Die Kirche der HLT stellt nämlich dar wie eine erfolgreiche neue Religionsbewegung sich von den tausenden von Kulten unterscheidet, welche versagen zu überdauern oder sich zu einer neuen Religion zu entwickeln. [Siehe auch Sekte.]

BIBLIOGRAPHIE

Roberts, Keith A. Religion in Sociological Perspective, 2nd ed. Belmont, Calif., 1990.
Stark, Rodney. “The Rise of a New World Faith.” Review of Religious Research 26, no. 1 (1984): 18-27.
Stark, Rodney. “How New Religions Succeed: A Theoretical Model.” In The Future of New Religious Movements, ed. D. Bromley and P. Hammond, pp. 11-29. Macon, Ga., 1987.

LAWRENCE A. YOUNG