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GLAUBENSARTIKEL

Im Jahre 1842 sandte Joseph Smith in Antwort auf eine spezifische Anfrage von John Wentworth (Herausgeber des Chicago Democrat) eine kurze Übersicht über seine eigenen religiösen Erfahrungen und die Geschichte der Kirche, über die er präsidierte (Siehe Wentworth-Brief). Am Ende des historischen Sketches fügte er eine zusammenfassende Liste des „Glaubens der Heiligen der Letzten Tage“ hinzu. Später hießen diese 13 Punkte „Glaubensartikel“ und wurden zuerst im März 1842 in Nauvoo in Times and Seasons veröffentlicht und später in der 1851 Veröffentlichung der Britischen Mission The Pearl of Great Price, von Elder Franklin D. Richards zusammengestellt. Diese Flugschrift wurde 1878 und erneut 1880 überarbeitet. Im Jahre 1880 stimmte eine Generalkonferenz der Kirche dafür, die Köstliche Perle den Standardwerken der Kirche hinzuzufügen und so die dreizehn Artikel einzubeziehen. Die Glaubensartikel bedeuten keine Zusammenfassung aller HLT-Glaubensgrundsätze, und sie stellen kein Glaubensbekenntnis im traditionellen christlichen Sinne dar, aber sie bieten eine nützliche und offizielle Zusammenfassung fundamentaler HLT-Schriften und Glaubensansichten.

Die Artikel beginnen mit einer bekräftigenden Erklärung, dass die Gottheit aus drei Personen besteht: dem Vater, seinem Sohn Jesus Christus und dem Heiligen Geist (Apg 7:55-56, 2 Kor. 13:14, 2 Ne. 31:21, JS-Lg 1:17).

Der zweite Punkt lenkt die Aufmerksamkeit auf den Anfang der menschlichen Geschichte und bestätigt, dass die Menschen moralische Entscheidungsfreiheit besitzen und daher für ihre eigenen Taten Rechenschaftpflicht tragen: „Der Mensch wird für seine eigenen Sünden bestraft und nicht für die Übertretung Adams“ (Dtn. 24:16, 2 Ne. 2:27).

Der dritte Artikel richtet unsere Aufmerksamkeit auf die zentrale Rolle des Sühnopfers Christi und darauf, wie die Menschheit Nutzen aus dieser Beziehung zieht: „Dank dem Sühnopfer Christi können alle Menschen errettet werden, indem sie die Gesetze und Verordnungen des Evangeliums befolgen“ (Mosia 3:7-12, LuB 138:4).

Der vierte Artikel listet die Grundsätze und Verordnungen: Glauben an Jesus Christus, Umkehr, Taufe durch Untertauchen zur Sündenvergebung und das Händeauflegen zur Gabe des Heiligen Geistes (Apg 8:14-19, Hebr. 6:1-2, 3 Ne. 11:32-37).

Die nächsten zwei Artikel besprechen Vollmacht und Organisation: Ein Mensch muss von Gott berufen sein und durch das Händeauflegen jener, die Vollmacht haben, bestätigt werden, um das Evangelium verkünden und die Verordnungen vollziehen zu können (1 Tim. 4:14, LuB 42:11). Darüber hinaus ist die Kirche im Grunde genommen „die gleiche Organisation, wie sie in der Urkirche bestanden hat, nämlich Apostel, Propheten, Hirten, Lehrer, Evangelisten usw.“ (Eph. 4:11).

Der siebte Punkt bestätigt den HLT-Glauben an Gaben des Geistes und nennt mehrere bei Namen: die Gabe der Zungen, Prophezeiung, Offenbarung, Visionen, Heilung und der Auslegung der Zungen (1 Kor. 12:10, LuB 46:10-26).

Die Bedeutung heiliger Schriften wird im achten Artikel angesprochen: Heilige der Letzten Tage „glauben, dass die Bibel, soweit richtig übersetzt, das Wort Gottes ist“. Sie glauben ferner, „dass das Buch Mormon das Wort Gottes ist“ (Ez. 37:16, Joh 10:16, 2 Tim. 3:16).

Der neunte Artikel besagt, dass das wiederhergestellte Evangelium nicht auf einen begrenzten Satz an Büchern begrenzt ist, sondern dass es vielmehr den Grundsatz fortdauernder Offenbarung und somit eines offenen Kanons verkündet. Heilige der Letzten Tage bekräftigen ihren Glauben an alle vergangenen und gegenwärtigen Offenbarungen und sehen freudig vielen zukünftigen Offenbarungen entgegen (Amos 3:7, LuB 76:7).

Artikel zehn fasst vier großartige Ereignisse der letzten Tage zusammen: die buchstäbliche Sammlung Israels und die Wiederherstellung der zehn Stämme, den Bau Zions, das Neue Jerusalem in der westlichen Hemisphäre, Christi persönliche Herrschaft auf der Erde und die schließliche Erneuerung der Erde selber, wenn sie ihre paradiesische Herrlichkeit erlangen wird, den Reinheitszustand, den sie vor dem Fall Adams hatte (3 Ne. 21- 22).

Der elfte Artikel verkündet die HLT-Überzeugung von Religionsfreiheit und Gewissensfreiheit für sowohl sich selbst als auch für andere. Er lautet: „Wir beanspruchen für uns das Recht, Gott den Allmächtigen zu verehren, wie es uns das Gewissen gebietet, und wir gestehen allen Menschen das gleiche Recht zu, mögen sie verehren, wie oder wo oder was sie wollen.“ Und der zwölfte Artikel gibt den politischen Standpunkt der Heiligen der Letzten Tage als gesetzestreue Bürger an (LuB 134, Siehe Politik: Politische Lehren, Toleranz).

Die letzte Erklärung bietet eine weitläufige Perspektive auf das Leben und eine Einladung, dem HLT-Lebensstil zu folgen: „Wir glauben, dass es recht ist, ehrlich, treu, keusch, gütig und tugendhaft zu sein und allen Menschen Gutes zu tun; ja, wir können sagen, dass wir der Ermahnung des Paulus folgen – wir glauben alles, wir hoffen alles, wir haben viel ertragen und hoffen, alles ertragen zu können. Wenn es etwas Tugendhaftes oder Liebenswertes gibt, wenn etwas guten Klang hat oder lobenswert ist, so trachten wir danach“ (1 Kor. 13:7, Phil. 4:8).

Der Wentworth-Brief stellt nicht den ersten Versuch dar, HLT-Glaubensgrundsätze zusammenzufassen. Frühere Listen, von denen einige möglicherweise die Aufstellung im Wentworth-Brief beeinflusst haben, waren schon vor 1842 erschienen. Im Juni 1829 hielten Joseph Smith und Oliver Cowdery die „Artikel und Bündnisse“ der bald darauf zu organisierenden Kirche auf Papier fest. Dieser Text war später als Lehre und Bündnisse Abschnitt 20 bekannt und listet eine Reihe von Glaubensgrundsätzen, einschließlich der Existenz Gottes, der Schöpfung und des Falls der Menschheit, der zentralen Rolle Jesu Christi, der fundamentalen Verordnungen des Evangeliums, einschließlich der Taufe, und der allgemeinen Pflichten der Mitglieder (20:17-36). Dieses Dokument wurde als erstes durch Abstimmung bei einer Kirchenkonferenz akzeptiert und es stellt keine vollständige Aufstellung aller Glaubensgrundsätze dar, sondern eher eine auf die Bibel und dem Buch Mormon basierende Satzung für die junge Organisation.

In der ersten in Kirtland, Ohio veröffentlichten Ausgabe des LDS Messenger and Advocate (Okt. 1834) zählt Oliver Cowdery acht „Prinzipien“ auf, die alle ihre Parallelen in Abschnitt 20 hatten.

Unter anderen frühen Listen, die die Hauptglaubensgrundsätze der Heiligen der Letzten Tage schon vor dem Wentworth-Brief zusammenfassen, findet sich eine von Joseph Young für die Veröffentlichung durch John Hayward in The Religious Creeds and Statistics of Every Christian Denomination in the United States vorbereitete Aufstellung (Boston, 1836, S. 139-40). In fünf Paragraphen gibt er einen Abriss der Lehren über (1) die Gottheit und das Sühnopfer Jesu Christi, (2) die ersten Grundsätze und Verordnungen des Evangeliums, die durch apostolische Vollmacht wie in der Kirche Christi im Altertum vollzogen werden, (3) die Sammlung des verlorenen Israel und die Wiederherstellung geistiger Gaben in der Kirche, (4) das Zweite Kommen  Christi und (5) die Auferstehung und das Richten der gesamten Menschheit.

Parley P. Pratt fügte eine weitere Liste mit achtzehn „Grundsätzen und Lehren“ hinzu in die Einführung zu seinem Werk Late Persecution of the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints (New York, 1840, S. iii-xiii). Zum Beispiel: „Der erste theologische Grundsatz dieser Kirche ist der Glaube an Gott den ewigen Vater und an seinen Sohn Jesus Christus, der für die Sünden der Welt gekreuzigt wurde,…und an den Heiligen Geist, der Zeugnis von ihnen ablegt“ (S. iii-iv). Viele Sätze auf Pratts Liste ähneln denen im Wentworth-Brief.

Orson Pratt bietet einen ausführlichen und redegewandten „Abriss des Glaubens und der Lehre“ der Kirche in seinem Interesting Account of Several Remarkable Visions (Edinburgh, 1840, S. 24-31). Die Reihenfolge, in der der Bericht die Themen in neunzehn Paragraphen widergibt (viele beginnen mit „Wir glauben, dass…“), ist fast genauso wie die der dreizehn Punkte im Wentworth-Brief. Orson Pratts Erklärungen beinhalten biblische Verweise und persönliche Zeugnisse über die Wahrheit und den göttlichen Ursprung dieser Lehren.

Orson Hyde veröffentlichte eine Geschichte der Kirche auf Deutsch, die ein Kapitel mit sechzehn Artikeln (eigentlich Aufsätzen) über solche Themen wie die Gottheit, den Gebrauch der Schriften, Glauben, Umkehr, Taufe, Konfirmation, Abendmahl mit Brot und Wein, Bekennen von Sünden und Kirchendisziplin, Kinder, Offenbarungen, Laienpriestertum, Taufe für die Toten, Gebet, Feiertage, Fußwaschung und patriarchalische Segen beinhaltete (A Cry from the Wilderness [Frankfurt, 1842]).

Selbst nachdem der Wentworth-Brief im März 1842 veröffentlicht woden war, erschienen während der nächsten Generation weiterhin viele weitere Aufstellungen von HLT-Glaubensgrundsätzen. Im April 1849 setzte James H. Flanigan eine Liste mit vierzehn Aussagen in eine in England veröffentlichte Flugschrift. Diese Liste wurde während des 19. Jahrhunderts in verschiedenen Veröffentlichungen zitiert und manchmal abgeändert. Zum Beispiel wurde sie in Charles MacKays populärem Buch The Mormons; or the Latter-day Saints (London, 1851, S. 46-47) zitiert. Diese Liste folgt dem Wentworth-Brief fast Wort für Wort. Allerdings fügt sie Punkte wie „das Letzte Abendmahl“ in Artikel 4 hinzu, auch „Weisheit, Nächstenliebe [und] Bruderliebe“ unter den Geistesgaben in Artikel 7 und einen vierzehnten Artikel bezüglich der buchstäblichen Auferstehung des Körpers. Andere Listen (gewöhnlich von Missionaren geschrieben) wurden während dieser Zeit in verschiedenen Teilen der Welt veröffentlicht.

Die Kanonisierung des Wentworth-Briefes als Teil der Köstlichen Perle im Jahre 1880 bekräftigte und spiegelte seine unangezweifelte Priorität wider. Und als James E. Talmage 1891 von der Ersten Präsidentschaft beauftragt wurde, ein Theologietextbuch für Kirchenschulen zusammenzustellen, schöpfte er aus diesen Glaubensartikel, um sein Werk zu schreiben. Talmages Glaubensartikel wurden erstmals 1899 veröffentlicht und werden noch heute verwendet. Sie besprechen die Themen von Joseph Smiths Wentworth-Liste eingehend. In 24 Kapiteln bietet Talmage ausführliche Kommentare und Schriftverweise auf jeden der in den 13 Artikeln erwähnten Grundsätze, plus Abschnitte über die Verordnung des Abendmahls und die Auferstehung (wie in Flanigans Liste) und einen abschließenden Abschnitt über die praktische Religion (Wohlwollen, Zehnten und Abgaben, Weihung, Sozialordnungen innerhalb der Kirche, ewige Ehe, Heiligkeit des Körpers und Heilighaltung des Sabatttages).

Schon in den 1850er Jahren druckten HLT-Missionare Flugblätter, die die Glaubensartikel enthielten. Mit der Zeit wurden diese Missionarsplakate auf Hosentaschengröße reduziert, noch heute benutzen sie diese auf der ganzen Welt. In den Primarvereinigungsklassen der Kirche lernen die Kinder die Glaubensartikel vor ihrem Abschluss im Alter von 12 Jahren auswendig, und Erwachsene werden auch ermutigt, sie zu lernen und sie im persönlichen Studium und in der Missionsarbeit zu verwenden.

Obwohl sie kein formelles Glaubensbekenntnis darstellen, bieten die Glaubensartikel eine sehr gut Kurzfassung (weniger als 400 Wörter) der Glaubensgrundsätze der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Während seit Joseph Smiths Zeiten viele Variationen veröffentlicht worden sind, stammt der zentrale Glaubenskern in allen diesen Artikeln aus den Anfangsjahren der Wiederherstellung. Diese Tatsache zeugt von der internen Logik und Beständigkeit.

BIBLIOGRAPHIE

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DAVID J. WHITTAKER

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