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GEMEINDEHAUS

Gemeindehäuser für Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage werden oft Kapellen genannt, aber technisch gesehen ist die Kapelle ein besonderer Teil des Gemeindehauses, in denen Gottesdienste abgehalten werden. In der Tradition von Gemeindehäusern in Neuengland sind HLT-Gemeindehäuser Mehrzweckgebäude. Sie entwickelten sich von einem Mehrzweckgebäude mit einem einzigen Raum zu Komplexen mit vielen Räumen.

DAS GEMEINDEHAUS, 1847-1869. Vor 1847 gab es wenige HLT-Gemeindehäuser. Bald nachdem die Heiligen 1847 in der Great Basin Region angekommen waren, wurden in allen etablierten Gemeinschaften aus heimischen Materialien einräumige Strukturen errichtet. Wo es als notwendig erachtet wurde, Forts zum Schutz der Siedler zu bauen, wurden solche Gemeindehäuser in den Gesamtentwurf der Schutzanlage mit einbezogen. Sie hatten irdene oder Plankenböden, kleine verglaste Fenster, offene Decken und ein Dach, das aus einer Vielzahl natürlicher Materialien sein konnte. Jedes Gemeindehaus diente als Kapelle, als allgemeine Versammlunseinrichtung und oft auch als Schule. Dadurch wurde es zum Fokus der Aktivitäten der Gemeinschaft oder Siedlung.

Gemeindehäuser später in diesem Zeitraum wiesen einen besseren Sinn für Stil als ihre Vorläufer auf. Klassische Sockel, Trägermotive, Halbpfeiler, kleine Türme und Innensäulen waren nun häufiger zu sehen. Jedoch kann man diese Gemeindehäuser stilistisch nicht als föderalistisch, neoklassizistisch oder neugotisch oder als Neuengland-Variationen, wie die des englischen Architekten Christopher Wren klassifizieren. Die meisten blieben eher entweder eklektisch oder im volksnahen „hohen Stil“.

DAS GEMEINDEHAUS, 1869-1890. Raffiniertere Designs wurden entwickelt, um sich dem schnellen Wachstum der Kirche nach der Fertigstellung der transkontinentalen Eisenbahn im Jahre 1869 anzupassen. Gemeindebedürfnisse wurden durch den Bau von Sälen oder Kapellen angebrachter Größe mit Sitzreihen zufriedengestellt, die einem erhöhten Podium gegenüberstanden. In einigen Gemeindehäusern fiel der Boden des Saales zum Podium hin schräg ab, und es gab eine Gallerie an der Rückwand, die man auf Treppen in beiden Ecken des Saales oder von einem Außeneingang her erreichen konnte. Zuweilen dehnte sich die Gallerie von der Rückseite bis auf die Seitenwände des Gemeindehauses aus. Die Decken waren entweder flach oder elliptisch, das hing von den Fähigkeiten der Handwerker ab. Oft wurden Klassenzimmer und Versammlungsräume  hinter dem Podium untergebracht, um die im unterirdischen Gewölbe oder im Kellergeschoss zu vergrößern.

DAS GEMEINDEHAUS, 1890-1920. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden wichtige Veränderungen im allgemeinen Design der HLT-Gemeindehäuser vorgenommen. Zuerst wurden für den Gebrauch bei nötigen Kultur- und Freizeitaktivitäten der Hilfsorganisationen der Kirche und für die Dienstaktivitäten der Frauenhilfsvereinigung getrennte Hallen neben vielen Gemeindehäusern gebaut. Spätere modifizierte Designs brachten die getrennten Strukturen mit in das Gesamtdesign des Gemeindehauses hinein. Die Kombination von blühenden HLT-Gemeinschaften, einer wachsenden Anzahl an qualifizierten Kunsthandwerkern und einer erweiterten Kenntnis in Architekturdesign führte zu einer verfeinerten Architektur. Eingangsfassaden im Stil von Christopher Wren mit dazu gehörigen Türmen und Turmspitzen traten häufiger auf. Die allgemeinen Architekturstile der Gemeindehäuser in dieser Ära können am besten als klassisch, romanisch/gotisch und viktorianisch beschrieben werden.

Der Zeitraum zwischen 1890 und 1920 wird gewöhnlich als der individualistischste Zeitraum in der Kirchenarchitektur angesehen. Einige der begabtesten Handwerker der Kirche wurden zum Studium an hervorragende Bildungsinstitutionen gesandt und sie brachten ihre Kenntnisse und Fertigkeiten zurück nach Utah. Zum Beispiel ging Joseph Don Carlos Young, ein Sohn Brigham Youngs, zum Rennselaer Polytechnik-Institut in New York und machte seinen Abschluss in Architektur. Kurz nach seiner Rückkehr wurde er zum Kirchenarchitekten ernannt. Eine seiner Verantwortungen war es, den Salt Lake Tempel fertigzustellen, was er 1893 tat. Seine Virtuosität in der Architektur führten ihn und andere bald dazu, einzigartige und manchmal exotische Stilvariationen anzuwenden.

Der einzigartigste Aspekt spät in dieser Ära war die Einführung des „Wright-Stils“. Von den kubischen Formen des amerikanischen Modernisten Frank Lloyd Wright abgeleitet, wurde der Stil durch die Utah-Architekten Hyrum Pope, Harold W. Burton und Taylor Woolley (letzterer hatte als Leiter von Wrights Büro in Detroit gearbeitet) der HLT-Gemeindehausarchitektur angepasst. Er wurde als „Mormonenstil“ bekannt.

DAS GEMEINDEHAUS UND STANDARDPLÄNE, 1920-1990. Standardpläne zeichnen die HLT-Architektur seit 1920 aus und beginnen mit Joseph Don Carlos Young in den späten Jahren seines Werks als Kirchenarchitekt. Die Wandlung erfolgte in Antwort auf Kirchenwachstum und das Bedürfnis, begrenzte Kirchenfonds kosteneffektiver zu benutzen. Dabei wurden Versuche unternommen, zu einer, wie man sagen könnte, authentischen  HLT-Architekturform zu gelangen. Young entwickelte einen Plan, der die frühen getrennten Klassenräume und die Kappelle durch einen überleitenden Foyer/Büro/Klassenraumkomplex mit dem Sport- und Kultursaal strukturell verbindet. Die Verbindung der zwei Bautypen schuf eine Vielzahl an Grundrissen, die an die englische Hausarchitektur des 16. und 17. Jahrhunderts erinnern. Sie wurden als „Youngs Zwillinge“ oder des „Colonels Zwillinge“ bekannt. Meistens waren sie im Kolonialstil, und bald wurden sie zum am weitesten verbreiteten Bautyp in der Kirche in den westlichen Vereinigten Staaten.

Während der Depression und Kriegsjahre der 1930er und 1940er Jahre wich der Kolonialstil der 1920er Jahre einem pragmatischen oder „einfachen Stil“.

Dann wurde während der Amtszeit von Präsident David O. McKay (1951-1970) ein neuer Plan eingeführt, um das zu ersetzen, was aus wirtschaftlichen Gründen eine verarmte Form geworden war. Der Architekt Theodore Pope entwickelte diesen neuen Plan, der den Kultursaal mit der Rückseite der Kapelle verband. Eine Abänderung des Planes verband zwei Kapellen an gegenüberliegenden Enden eines einzigen Kultursaales, also ein Design mit doppeltem Ende oder doppelten Kapellen. Die letztere Anordnung sollte Grundstücks- und Baukosten senken, wo es eine größere Konzentration von Kirchenmitgliedern in einem kleinen geographischen Gebiet gab. Beide Arrangements ließen zu, dass man von der Kapelle in den Kultursaal erweiterte, wenn es zu viele Menschen gab. So wurden beide Bereiche funktioneller und häufiger benutzt. Klassenräume und andere Versammlungsbereiche wurden an die Kapelle und Kultursaalbereiche angebaut. Dieses Konzept ist heute noch gültig, obwohl Unterschiede im äußeren Erscheinungsbild, Innengrundriss und in der Raumanordnung bestehen.

Ein weiteres Konzept wurde in neuerer Zeit entwickelt und ermöglicht eine  strukturelle Erweiterung durch Anbauten in regulierten Phasen, um eine kleine, aber wachsende Gemeinde unterzubringen. Diese späteren Veränderungen stammen von Ereignissen in Verbindung mit der Energiekrise in den 1970er Jahren, dem rapiden Wachstum der Kirche und steigenden Baukosten.

Koloniale oder klassische Außenarchitekturstile sind in Amerika und international weiterhin beliebt. Was auch immer für historische oder moderne Motive auch heutzutage benutzt werden, sie bleiben weiterhin dem Gesamt-Standarddesignkonzept untergeordnet, das auf pragmatischem Funktionalismus basiert. Jedoch sind einige individualistische Pläne benutzt worden, um besonderen geographischen oder kulturellen Erfordernissen zu entsprechen. Egal was der Stil oder Plan ist, erfüllt ein HLT-Gemeindehaus immer noch dieselbe Funktion wie die Gemeindehäuser von Neuengland: Es ist ein Mehrzweckzentrum für Gottesdienste und kulturelle Aktivitäten.

C. MARK HAMILTON