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DAS BUCH ABRAHAM

[Dieser Beitrag enthält fünf Artikel:

Der Ursprung des Buches Abraham

Übersetzung und Veröffentlichung des Buches Abraham

Der Inhalt des Buches Abraham

Die Faksimiles im Buch Abraham

Studien über das Buch Abraham

Das Buch Abraham berichtet autobiographisch über die Anfangsjahre Abrahams und ist Teil der Köstlichen Perle, einer Kollektion von Texten, die den Schriften der Heiligen der Letzten Tage beigehören. Der Artikel Ursprung des Buches Abraham behandelt die Entdeckung und dem Erwerb der Joseph Smith Papyri und die Ereignisse, die zur Veröffentlichung des Buches Abraham führten.  Der Aufsatz über die Übersetzung und Veröffentlichung des Buches Abraham detailliert kurz beides, den Vorgang wie Joseph Smith diesen Text hervorbrachte und den Werdegang, wie Das Buch Abraham in Druck erschien. Das Schreiben über den Inhalt des Buches ermöglicht einen generellen Überblick, der im Buch verzeichneten Begebenheiten: Abrahahms wundersame Errettung vom Tod und dem Bund, den Gott mit ihm geschlossen hatte, bevor er seine Heimat verließ. Faksimeles im Buch Abrahm stellen die alten ägyptischen Illustrationen vor, die sich im derzeitigen Text befinden, und versucht den Zusammhang zwischen Illustration und Text auszuwerten. Eine Rezensierung der bis jetzt erschienenen Studien des Buches Abraham befindet sich in Studien über das Buch Abraham.]

DER URSPRUNG DES BUCHES ABRAHAM

Juli 1835, als der Prophet Joseph SMITH noch in Kirtland, Ohio wohnte, kaufte er im Namen der Kirche vier ägyptische Mumien mit beiliegenden Papyri von Michael H. Chandler, einem aus Pennsylvanian stammenden reisenden Unternehmer.  Das Ganze kostete $ 2, 400.00.  Chandler hatte Anfang 1833 elf Mumien erworben, wovon er sieben im östlichen Teil der Vereinigten Staaten verkaufte bevor er Joseph Smith begegnete. Kurz nach der Anschaffung dieser Antiquitäten gab Joseph Smith bekannt, dass die Papyri gewisse Aufzeichnungen der Patriarchen ABRAHAM und JOSEPH enhielten; beide waren für eine Zeit in Ägyten ansässig gewesen (Gen. 12:37, 39-50).  

Diese Antiquitäten waren von Antonio Lebolo am westlichen Nilufer gegenüber der uralten Hauptstadt Theben (heutiges Luxor) zwischen 1817 und 1821 ausgegraben worden. Der in Castellamonte, Piedmont (Nord-Italien) geborene Lebolo war während der napoleanischen Besatzung der italienischen Halbinsel Gendarme gewesen.  Nach der Niederwerfung Napoleons wählte Lebolo freiwilliges Exil statt sich einer Inhaftierung durch die wiederauftauchende Sardinische Monarchie auszusetzen. Er siedelte nach Ägypten um, wo er für Bernardino Drovetti, dem ehemaligen Generalkonsul Frankreichs in Ägypten, arbeitete und für ihn die Exumierungen in Oberägypten beaufsichtigte.  Drovetti gestattete Lebolo eigene Ausgrabungen zu betreiben. Lebolo entdeckte elf gut erhaltene Mumien in einer großen Grabstätte.  Der genaue Ort lässt sich leider nicht mehr festellen, da Lebolo Hunderte von Menschen an verschiedenen Standorten beschäftigte. Die Mumien wurden nach Triest verschifft, wo Lebolo Albano Oblasser, einen Großindustriellen der Schiffahrt ermächtigte die Mumien in seinem Namen zu verkaufen. Lebolo starb am 19. Februar 1830 in Castellmonte.  Oblasser versandte die elf Mumien an zwei Schifffahrtsgesellschaften in der Stadt New York – McLeod & Gillespie und Maitland & Kennedy –  mit dem Einverständnis, dass die Mumien an denjenigen verkauft werden sollten, der eine angemessene Summe bezahlen würde.  Der Gewinn sollte danach an die Erben Lebolos überführt werden.  Chandler erwarb die Mumien entweder im Winter oder Frühjahr 1833.  Er bestand darauf, dass Lebolo sein Onkel sei, aber diese Beziehung ist nie bestätigt worden.  

Nichtsdestoweniger, es ist klar gestellt worden, dass ein Teil der abrahamischen Literatur Verbindungen mit Ägypten aufweist. 

Zum Beispiel, Das Testament Abrahams – wahrscheinlich zuerst in Griechisch verfasst – rührt höchstwahrscheinlich aus Ägypten her.  Eine jüdische Verfahrensweise in Ägypten während des hellenistischen Zeitalters war die, Persönlichkeiten wie Abraham stellvertretend in derzeitige Hieroglyphenszenen einzuflechten (Grobel, S. 373-382). Dementsprechend sollte man sich nicht wundern, dass ägyptische Texte irgendwie mit dem Erscheinen des Buches Abraham verknüpft sind. 

Laut einiger Ägyptologen sollten die durch Joseph Smith erworbenen Schriften Abrahams dem frühen christlichen Zeitalter zugeschrieben werden.  Solche Datierung ist nicht ohne Präzedenz.  Das Testament Abrahams welches zuerst durch M. R. James 1892 bearbeitet wurde, wurde von ihm als „ein aus dem 2. Jahrhundert zusammengestelltes jüdisch-christliches Schriftstück aus Ägypten beschrieben“ (Nibley, S. 20-21).

Die Identität der Mumien ist nicht bekannt, weil es keine Primärquellen gibt, die sie identifizieren könnten.

BIBLIOGRAPHIE

Grobel, K. “… Whose Name Was Neves.” New Testament Studies 10 (1063-64):373-82.

Nibley, Hugh W. Abraham in Egypt. Salt Lake City, 1981

Peterson, H. Donl. The Pearl of Great Price: A History and Commentary, Salt Lake City, 1987

PETERSON, H. DONL

 

ÜBERSETZUNG UND VERÖFFENTLICHUNG DES BUCHES ABRAHAM

Während der Generalkonferenz am 10. Oktober 1880 gaben Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ihre Zustimmung Das Buch Abraham als eine heilige Schrift zu akzeptieren.  Unterschiedliche Ansichten bestehen über die Verfahrensweise, wie der Prophet Joseph Smith dieses Werk bearbeitet haben soll. Obwohl er und seine Mitwirker beim Durchstudierten der Papyri begannen, ein „ägyptisches Alphabet und eine Grammatik“ anzufertigen, verbleibt die Absicht dieses Versuches undurchsichtig.  Sie wurde weder erläutert, fertiggestellt noch durch Joseph Smith oder irgendeinem seiner Nachfolger veröffentlicht.  Dennoch darf man mit Gewissheit sagen, dass er seine Arbeit an den einschlägigen äyptischen Papyri in KIRTLAND, OHIO begann, kurz nachdem er diese 1835 von Michael H. Chandler erworben hatte.  

Wahrscheinlich gab es 1835 niemand in den Vereinigten Staaten, der ägyptische Hieroglyphen mit herkömmlichen Mitteln interpretieren konnte. Als Joseph Smith die goldenen Tafeln des Buches Mormon aus dem „reformierten Ägyptisch“ übersetzte (1827-1829) stellte er klar, dass er es „durch die Gabe und Macht Gottes“ getan hatte.  Ebenso war es vorwiegend göttliche Inspiration statt eigene Fremdsprachenkenntnisse, die den englischen Text des Buches Abraham erstehen ließen.  Seine genaue Methodik bleibt uns bis heute verschlossen.

Am 5. Juli 1835 schrieb der Prophet, “Ich habe mit der Übersetzung einiger Zeichen oder Hieroglyphen begonnen, und habe zu meiner Freude entdeckt, daß eine der Schriftrollen Aufzeichnungen von Abraham enthält... Jetzt können wir wirklich sagen, daß der Herr anfängt die Fülle seines Friedens und seiner Wahrheit zu offenbaren“ (HC 2:236;) .  Nach zeitweiligen Verzögerungen berief Joseph Smith am 2. November 1837 zwei Männer um Gelder zu sammeln, die für die Übersetzung und Druck des Buch Abrahams hinreichen sollten.  Für vier weitere Jahre hinderten ihn leider zusätzliche Erschwernisse an einer Veröffentlichung. Das Buch Abraham erschien zunächst in den drei ersten Ausgaben der Times and Seasons am 1. März, 15. März, und 16. März 1842.  Diese Fortsetzungsfolgen beinhalten, einschließlich der drei Faksimiles, das gesamte vorliegende Buch Abraham.  Februar 1843 versprach Joseph Smith, dass er mehr vom Buch Abraham herausgegeben würde, aber fortwährende Belästigungen seiner Feinde hielten den Prophet davon ab und Weiteres wurde nie veröffentlicht. Das Buch erregte ziemliches Aufsehen, als einige prominente Zeitschriften in den Oststaaten Amerikas das Faksimile 1 mit Teiltext der Times and Seasons veröffentlichten.

1851 wurde das Schreiben Abrahams in England als Teil der Köstlichen Perle herausgegeben, ein kleines Sammelwerk von Franklin D. Richards, das weitere Übersetzungen und einige Offenbarungen von Joseph Smith enthielt.  Es war diese Kompilation, die 1889 in SALT LAKE CITY kanonisiert wurde und mit den anderen drei heiligen Kollektionen oder Standardwerken gleichgestellt wurde; nämlich der Bibel, dem Buch Mormon und der Lehre und Bündnisse.

1856 verkaufte Josephs Witwe die Papyri an Abel Combs.  Mit Ausnahme einiger Fragmente, die die Kirche 1967 zurückerhielt,   ist der heutige Verbleib der Papyri unbekannt. [Siehe PAPYRI, JOSEPH SMITH]

BIBLIOGRAPHIE

Nibley, Hugh. "The Meaning of the Kirtland Egyptian Papers." BYU Studies 11, no. 4 (Summer 1971):350-99.

Peterson, H. Donl. The Pearl of Great Price: A History and Commentary. Salt Lake City, 1987.

H. DONL PETERSON

 

DER INHALT DES BUCHES ABRAHAM

Das Buch Abraham in der Köstlichen Perle beinhaltet Aufzeichnungen von Erlebnissen,  Abrahams und dem Herrn in vier Ländern: Chaldäe, Haran, Kanaan und Ägypten.  Diese Feststellung vereinbart sich leicht mit der Anfangszeile des Textes, „Im Land der...” Mit Ausnahme der Begebenheitsschilderungen des ersten Kapitels widerfahren Saria (Sara) dieselben Wechselfälle und Triumphe des Lebens, wie die ihres Mannes.

Zu Anfang des Buches lebt Abraham mitten unter Götzendienern im Land Chaldäe (Abr. 1:1, 5-7).  Nachdem er gegen ihre Schlechtigkeit gepredigt hatte, wurden die Verfolgungen so unerträglich, dass er sich entschloss das Land zu verlassen. (1:12, 15).  Die sich hieraus ergebende amtlich-genehmigte Opposition kostete Abraham, der zum  Menschenopfer bestimmt wurde, fast sein Leben (1:12-15).  Als er um göttliche Hilfe flehte, erschien ein Engel des Herrn und rettete ihn mit der Verheißung, dass er in ein neues Land geführt werden würde, um dort das Priestertum zu empfangen (1:15-19). 

Als die durch den Engel prophezeite Hungersnot in Chaldäe eintraf (1:29-30), zog Abraham mit seiner Frau Saria, seinem Neffen Lot und dessen Familie fort.  Abrahams Vater, Terach, folgte ihm später nach (2:4).  Nachdem sie sich in Haran niedergelassen hatten, befiehlt Gott Abraham weiter nach Kanaan zu reisen and offenbart ihm die wesentlichen Grundsätze des BUND ABRAHAM (2:6-11).  Wegen erneuter Hungersnot reist Abraham nach Ägypten weiter, wo der Herr ihm unterwegs befiehlt – eine Begleiterscheinung, die nicht im Genesis 12:11-13 verzeichnet steht – Sarai den Ägyptern als seine Schwester vorzustellen, so dass sie ihn nicht töten würden (1:21-25).

Im dritten Kapitel beschreibt Abraham eine durch den Urim und Tummim empfangene Vision über die durch Gott erschaffenen Welten, vorirdische Geister der Menschen und dem RAT IM HIMMEL, wo die Götter (vgl. Joh. 1;1-4, 14; Hebr. 1:1-3) die Erschaffung der Erde und die der Menscheit planen. Das vierte und fünfte Kapitel nacherzählt die Vollendung des Planes und die Einführung Adam und Evas in den GARTEN VON EDEN.

Dem Text nach war Chaldäe zu Abrahams Lebzeiten unter ägyptischer Vorherrschaft.  Religionen in diesem Gebiet beinhalteten ägyptische Sonnenverehrung, die Verehrung des Pharao und Menschenopfer.  Die Entdeckung Ägyptens wird Ägyptus, der Tochter von Ham und Äyptus zugeschrieben und die erste Regierungsmacht wurde dort von ihrem ältesten Sohn Pharao gebildet.

Den Beitrag, den dieses Buch in Sachen Lehren macht, ist die nähere Erläuterung des Bund Abrahams in Beziehung auf das Evangelium (2:6-11) und ein besseres Verständnis des vorirdischen Daseins (3:22-28).  Auf dem Gebiet der ASTRONOMIE erwähnt es den Himmelskörpter Kolob, der sich in der Nähe Gottes befindet (3:2-4), und im vierten Kapitel beschreibt es Einzelheiten über die Erschaffung der Erde durch den Rat der Götter.  Wegen Abraham 1:26-27 sind einige der Meinung gewesen, dass dieser Hinweis die Basis für die Vorenthaltung des Priestertums für Schwarze gewesen sei.  

Im Hinblick auf biblische Zusammenhänge sind die Götzenverehrung Terachs (Jos. 24:2) und die Errettung Abrahams durch den Herrn (vgl. Jes. 29:22) im Buch Abraham und weiteren alten Abraham Texten deutlicher umrissen. 

Viele Themen des Buch Abrahams treten anderswo in der Literatur der Antike ans Tageslicht, wie z. B. Abrahams Kampf gegen den Götzendienst (Jubilee, 12; Charlesworth, Bd. 2, S. 79-80),  der Versuch Abraham zu opfern (Pseudo-Philo, 6; Charlesworth, Bd. 2, S. 310-312), Abrahams Vision des Wohnortes Gottes, Ereignisse im Garten von Eden, und vorirdischen Geister (Apocalypse of Abraham 22-23; Charlesworth, Bd. 1, S. 700).  Gottes Anweisung an Abraham, Saria als seine Schwester vorzustellen wird im Genesis Apocryphon (Spalte 19) durch einen Traum vermittelt. Von Abrahams Unterweisungen über Sternkunde an die Ägypter (Das Buch Abraham, Faksimile 3) wird auch im Pseudo-Eupolemus 9.17.8, 9.18.2 (Charlesworth, Bd. 2, S. 881-82) und in Josephus berichtet (Antiquity, 1.8.2).

BIBLIOGRAPHIE

Charlesworth, James H., ed. The Old Testament Pseudepigrapha, 2 vols. Garden City, N.Y., 1983, 1985.

Millet, Robert L., and Kent P. Jackson, eds. Studies in Scripture, Vol. 2. Salt Lake City, 1985.

Peterson, H. Donl, and Charles D. Tate, eds. The Pearl of Great Price: Revelations from God. Provo, Utah, 1989.

STEPHEN E. THOMPSON

 

DIE FAKSIMILES IM BUCH ABRAHAM

Drei Faksimiles wurden mit dem Text des Buches Abraham in der Köstlichen Perle veröffentlicht.  Alle ähneln bekannten ägyptischen Illustratrionen aus weiteren Quellen.

FAKSIMILE NUMMBER 1.  Der Faksimile 1 ähnlichen Darstellungen sind in religiösen ägyptischen Texten reichlich vorhanden.  Ein typisches Beispiel befindet sich im 151. Kapitel des ägyptischen Totenbuches.  Hier sieht man den Gott Anubis bei der Einbalsamierung von Osiris, der auf einer Löwencouch aufgebahrt liegt.  Aber in gewissen Details underscheidet sich die zurücklehnende Figur in Faksimile 1 in ihrer Köperhaltung von anderen ägyptischen Vignetten.

Nur von Faksimile 1 weiß man, dass das Original erhalten geblieben ist.  Vergleiche von Papyrifragmenten und hieroglyphischen Aufzeichnungen, die Teilbestand dieser Vignette sind, verdeutlichen, dass es einem ägyptischen religiösen Text beigehört, der als Buch des Atmens bekannt wurde.  Nach Vergleichen, die auf paläographischen und geschichtlichen Belegen beruhen, kann dieser Text verlässlich so um das 1. Jahrhundert n. Chr. datiert werden.  Da das Buch Abraham selber auf diese Darstellung hinweist (Abr. 1:12), haben viele den Entschluss gefasst, dass das Buch des Atmens der Text gewesen sein muss, den Joseph Smith für seine Übersetzung benutzt hat.  Aber weil das Buch des Atmens offensichtlich nicht das Buch Abraham sein kann, so die Kritiker, ist das für sie ein eindeutiger Beweis dafür, dass Joseph Smith unmöglich diese alten Dokumente hat übersetzen können.

Die zurzeit im Besitz der Kirche befindlichen historischen Dokumente von Joseph Smith bescheiben nie ausführlich den eigentlichen Übersetzungsvorgang jener antiken Schriftstücke.  In Hinsicht auf das Buch Mormon sagte er, dass es „nicht ratsam“ sei alle Einzelheiten des Hervorkommens des Buches zu schildern. (HC 1:220; Siehe DAS BUCH MORMON: ÜBERSETZUNG DURCH JOSEPH SMITH).  Aber mehrere Male verwies Joseph Smith auf das Buch Abraham als seine Übersetzung (HC 4:543, 548); und als die Fortsetzungsfolgen des Buches Abraham im Millenial Star veröffentlicht wurden, wurden sie als etwas “von Joseph Smith übersetztes“ beschrieben (Juli 1842, S. 34).  Beide, Wilford WOODRUFF (in seinem Tagebuch) und Parley P. Pratt (im Millenial Star Juli 1842) behaupteten, dass die Übersetzung mit Hilfe des Urim und Tummim zustande gebracht worden sei, obschon Joseph Smith nie selbst erwähnt von diesem Instrument zu irgendeiner Zeit während seiner Übersetzung Gebrauch gemacht zu haben.

Man sollte jedoch berücksichtigen, was Joseph Smith überhaupt mit „übersetzen“ gemeint hat.  Abschnitt 7 in LEHRE UND BÜNDNISSE bietet eine gewisses Maß an.  Hier benutzte Joseph Smith den Urim und Tummim um „den auf Pergament niedergeschriebenen Bericht von Johannes dem Offenbarer“ zu interpretieren. Obwohl man nicht weiß, ob Joseph Smith tatsächlich dieses Dokument in Händen hatte, sorgte er dennoch für eine Interpretation. Da man sehr wenig über das Wie der Übersetzungen weiß, wäre es nicht unangemessen zu postulieren, dass beim Durchstudieren der von Michael Chandler erworbenen ägyptischen Papyri, Joseph Offenbarung vom Herrn über diese Einzelheiten begehrte und dass er während dieses Vorgangs das Buch Abraham empfing.  Dann könnte er die Papyri, die in seinem Besitz waren, untersucht haben um Darstellungen zu finden, die den ihm offenbarten Aufzeichnungen ähnlich waren.  Dies wäre eine mögliche Formulierung, wie Vignetten aus them 1. Jahrhundert n. Chr. verwendet wurden, um einen gewissen Teil des Buches Abraham zu illustrieren.

FAKSIMILE NUMMER 2.  Ägyptologen bezeichen Faksimile 2 als ein Hypocephalus (Griechisch „unter dem Kopf“), ein Bestattungsamulett, von dem es zahlreiche sorgfältig erhaltene und gleichartige Typen in Museen gibt, die über die ganze Welt verbreitet sind.  Ihr klares Ziel war den Körper warm zu halten (für die Auferstehung) und den Verstorbenen in einen Gott im Leben nach diesem Leben zu verwandeln.  Joseph Smith verdeutlichte, dass Faksimile 2 Darstellungen von Gott, der Erde, dem Heiligen Geist, usw. beinhaltet.  Generell gesehen, können seine Erläuterungen in Anbetracht der heutigen Ägyptologie als plausibel akzeptiert werden.  Zum Beispiel, Joseph Smith sagt von den vier aufrechtstehenden Personen im unteren Teil der Faksimile, dass sie die „vier Enden der Erde“ darstellen.  Die Ägypter nannten sie die vier Söhne des Horus und, unter anderem, waren sie auch die Götter der vier Enden der Erde.   

FAKSIMILE NUMMER 3.  Faksimile 3 stellt eine immer wiederkehrende Szene der ägyptischen Literatur dar, bestens bekannt aus dem 125. Kapitel des ägyptischen Totenbuches.   Es verkörpert das Totengericht, dass sich vor dem Thron Osiris abspielt.  Es ist gut möglich, dass Faksimile 3 am Ende des Buch des Atmens aufgezeichnet worden war und das Faksimile 1 am Anfang stand, eben weil weitere Vignetten ähnliches aufweisen.  Außerdem ist der Name Hor, Eigentümer des Papyrus, aus den unteren Hieroglyphen dieser Faksimile ersichtlich.  Joseph Smith erklärte, dass Faksimile 3 Abraham auf dem Thron Pharaos darstellt und dass er dem königlichen Hof die Grundsätze der Astronomie darlegt.  Kritiker haben darauf hingewiesen, dass die zweite Gestalt, die Joseph Smith als König identifiziert, in Wirklichkeit die Göttin Hathor (auch Isis) ist.  Es gibt aber genügend Beispiele in weiteren Papyri, Papyri die nicht im Besitz von Joseph Smith waren, wo Pharao als Hathor dargestellt wird.  In der Tat, die ganze Szene ist typisches ägyptisches Dramenritual, worin kostümierte Darsteller die verschiedenen Götter und Göttinnen spielen.

Kurz gesagt bildet Faksimile 1 den Anfang und Faksimile 3 das Ende eines Dokumentes, welches als das Buch des Atmens bekannt ist, ein ägyptisch-religiöser Text, der paleopgraphisch der Zeit Jesu beigehört.  Faksimile 2, der Hypocephalus, ist auch ein später religiöser ägyptischer Text. 

Die Verbindung dieser Faksimeles mit dem Buch Abraham kann als Joseph Smiths Versuch erklärt werden, bildliche Darstellungen der in seinem Besitz gelangten Papyri zu finden, die den Offenbarungen, die er während der Übersetzung empfangen hatte, am nächsten stehen. Ferner käme hinzu, dass die Erläuterungen des Propheten  dieser Faksimiles generell dem heutigen Wissen ägyptisch-religiöser Ausübungen entsprechen.

BIBLIOGRAPHIE

Harris, James R. "The Book of Abraham Facsimiles." In Studies in Scripture, Vol. 2, ed. R. Millet and K. Jackson. Salt Lake City, 1985.

Nibley, Hugh. Abraham in Egypt. Salt Lake City, 1981.

Rhodes, Michael D. "A Translation and Commentary of the Joseph Smith Hypocephalus." BYU Studies 17 (Spring 1977):259-74.

MICHAEL D. RHODES

 

STUDIEN ÜBER DAS BUCH ABRAHAM.  Studien der Grundsätze des Buches Abraham sind normalerweise Bestandteil genereller Kommentare in Bezug auf die Köstliche Perle gewesen, ohne sich speziell auf das Buch Abraham konzentrieren zu wollen.  George Reynolds und Janne Sjodahls Commentary on the Pearl of Great Price (Salt Lake City, 1965) ist ein typisches Beispiel.  Die allumfassenste Studie dieser Art ist der Doctrinal Commentary on the Pearl of Great Price (Salt Lake City, 1969) von Hyrum Andrus. 

HISTORISCHE STUDIEN.  Das 1912 veröffentlichte Pamphlet Joseph Smith, Jr., as a Translator von F. S. Spaulding, des episkopalischen Bischofs im Staat Utah, stellt den  ersten formalen Versuch einer Analyse eines Nicht-Mitglieds der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage über das Buch Abraham dar. Es beinhaltet Briefe von acht führenden Ägyptologen über  die drei Faksimiles im Buch Abraham und erteilt einen Kommentar in Bezug auf die „Richtigkeit“ der Übersetzung des Propheten Joseph Smith.  Diese Gelehrten waren der einstimmigen Auffassung, dass der Prophet sich geirrt hatte. Damals gab es keinen Gelehrten unter den Heiligen der Letzten Tage, der fähig war diesen Behauptungen wiedersprechen zu können.  Erst nach 1936, verteidigte  J. E. Homan (kein Mitglied der Kirche) unter dem Pseudonym R. C. Webb Joseph Smith as a Translator die Übersetzungsfähigkeiten des Propheten,, allerdings ging er nicht auf direkte Weise auf die Punkte ein, die von Ägyptologen angesprochen worden waren. 

1967 sind elf ägyptische Papyri Fragmente, die einst Besitz des Propheten Joseph Smiths gewesen waren, im New York Metropolitan Museum of Art durch Aziz S. Atiya wiederentdeckt und danach durch dieses Museum an die Kirche weitergeleitet worden. Einzelne Stücke wurden als ägyptisch-religiöse Auszüge des Buch des Atmens anerkannt. Drei bekannte Ägyptologen übersetzten sie bald danach und schrieben Kommentare über diese Fragmente, was zu neuen Attacken auf Joseph Smiths „Unfähigkeit“ als Interpret führte.  

Diese Kritiker waren der Auffassung, dass das Buch des Atmens keinerlei Beziehung zum Buch Abraham hat, Joseph Smith aber anscheinend gesagt haben soll, dass er das Buch Abraham von diesen Fragmenten übersetzt habe.  In der Tat ist das Buch des Atmens ein später Text, der im 1. Jahrhundert n. Chr. enstand und demzufolge 2000 Jahre nach der Zeit Abrahams erschien.  Entgegen solcher Kritiken verteidigte der Gelehrte Hugh Nibley konstant und kompetent Joseph Smith, darauf bestehend, dass das Buch Abraham nur aufgrund seiner eigenen Behauptungen bewertet werden sollte – ein Bericht Abrahams über sein eigenes Leben.  Nibleys Recherchen haben erwiesen, dass mannigfaltige und bedeutungsvolle Verknüpfungen zwischen dem Buch Abraham und weiteren Texten der Antike über Abraham bestehen.  Diese Ähnlichkeiten scheinen einfach zu zahlreich und feinsinnig zu sein, um sie lediglich dem Zufall beizuordnen.   

In seinen Erläuterungen über Faksimile 2 im Buch Abraham, behauptete Joseph Smith, dass gewisse darin enthaltene Informationen „der Welt nicht offenbart werden kann, aber im heiligen Tempel Gottes zu haben ist.“  Untersuchungen ägyptischer Tempelrituale seit der Zeit Joseph Smith weisen Parallelen zu Tempelfeierlichkeiten und Grundsätzen auf, einschließlich einer Darstellung der Schöpfung und dem Fall des Menschen, WASCHUNGEN UND SALBUNGEN, und der entgültigen Einkehr des Individuums in die Gegenwart Gottes.  Hinzu kommt, Ehemann, Ehefrau und Kinder werden für alle Ewigkeit aneinander gesiegelt, GENEALOGIE wird ernst genommen; der Mensch wird seinen Lebenstaten gemäß gerichtet werden, und der Lohn eines rechtschaffenden Lebens wird sein, mit eigener Familie in der Gegenward Gottes leben zu können.  Es scheint vernunftwidrig, dass alle diese Parallelen durch schiereren Zufall entstanden sein sollen.

Eine Anzahl pseudepigraphischer Texte, die angeblich Aufzeichnungen vom Leben Abrahams sein sollen, sind seit den Tagen Joseph Smiths ans Licht getreten, wie z. B. die Apokalypse Abrahams und das Testament Abrahams, Dokumente, die beachtenswerte Ähnlichkeiten mit dem Buch Abraham aufweisen.  Zum Beispiel findet sich im 12 Kapitel des Testament Abrahams eine Beschreibung des Totengerichtes, welches bis ins minuziöse Detail der Szene der Faksimile 3 im Buch Abraham gleicht und übrigens auch Kapitel 125 des ägyptischen Totenbuches.  Tatsächlich könnte man sagen, dass Parallelen zu fast allen Versen im Buch Abraham und den pseudepiphrapischen Schriften über Abraham bestehen.

Zusammenfassend kann man sagen, die manigfaltigen Parallelen, die das Buch Abraham und die Lehren der Heiligen der Letzten Tage mit ägyptisch-religiösen und pseudepigraphischen Texten gemeinsam haben, bestätigen weiterhin die Glaubwürdigkeit von Joseph Smiths Übersetzung, die als das Buch Abraham bekannt ist.  Eine wichtige Autentizitätsfrage dreht sich immer noch um das Thema, ob Joseph Smith diese Arbeit  den Papyri Fragmenten entzogen hat, die derzeitig im Besitz der Kirche sind, oder ob er den Urim und Tummim benutzte, um den Text des Buches Abraham durch Offenbarung zu empfangen, so wie es bei der Übersetzung der Schriftrolle des Johannes dem Offenbarer im 7. Abschnitt der Lehre und Bündnisse der Fall gewesen war, oder wie beim BUCH MOSE, welches ein Auszug der JOSEPH SMITH ÜBERSETZUNG der Bibel ist und sich in der KÖSTLICHEN PERLE befindet.  Diesen Beispielen gemäß sollte es sinnfällig sein, dass es für Joseph Smith nicht nötig war, im Besitz der Originaltexte zu sein, um die Übersetzung offenbart zu haben.  In seinem Amt als PROPHET; SEHER und OFFENBARER, standen ihm viele Wege offen, Information durch göttliche Kundgebung zu empfangen. [Siehe auch Das Buch Abraham, Faksimiles.]

BIBLIOGRAPHIE

Ashment, Edward H. "The Facsimiles of the Book of Abraham: A Reappraisal." Sunstone 4, nos. 5-6 (Dec. 1979):33-48.

Baer, Klaus. "The Breathing Permit of Hor." Dialogue 3, no. 3 (1968):109-134.

Homans, J. E. Joseph Smith as a Translator. Salt Lake City, 1936.

Nibley, Hugh. The Message of the Joseph Smith Papyri. Salt Lake City, 1975.

Nibley, Hugh. Abraham in Egypt. Salt Lake City, 1981.

Parker, Richard. "The Joseph Smith Papyri: A Preliminary Report." Dialogue 3, no. 2 (1968):86-92, 98-99.

Rhodes, Michael D. "A Translation and Commentary on the Joseph Smith Hypocephalus." BYU Studies 17 (Spring 1977): 259-74.

Spaulding, F. S. Joseph Smith, Jr., as a Translator. Pamphlet. Salt Lake City, 1912.

Wilson, John. "A Summary Report." Dialogue 3, no. 2 (1968):67-85.

MICHAEL D. RHODES