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BUCH MORMON TAFELN UND AUFZEICHNUNGEN

Das Buch Mormon ist ein komplexer Text mit einer komplizierten Geschichte. Es ist hauptsächlich ein Auszug mehrerer früherer Berichte von seinem Hauptherausgeber und Namensvetter Mormon. Alle diese Berichte werden als „Tafeln“ bezeichnet, weil sie auf dünnen Metallblechen eingraviert sind. Mormon gebrauchte verschiedene Quellendokumente in seiner Zusammenstellung. Dies führt zu plötzlichen Übergängen und chronologischen Trennungen, die Leser verwirren können. Wenn sich jedoch jemand der Geschichte des Textes bewusst ist, sind sie konsequent und ergeben durchaus Sinn. Die verschiedenen Tafelm und Berichte, die im Buch Mormon erwähnt und dazu benutzt wurden, es zu schreiben, sind (1) die Tafeln aus Messing, (2) der Bericht Lehis, (3) die großen Tafeln von Nephi I, (4) die kleinen Tafeln Nephis, (5) die Tafeln Mormons und (6) die 24 goldenen Tafeln Ethers.

DIE GOLDENEN TAFELN

Die goldenen Tafeln, die der Prophet Joseph Smith erhielt und übersetzte, waren die Tafeln Mormons, auf denen Mormon und sein Sohn Moroni II ihren Auszug anfertigten. Mormon, ein Prophet und Militärführer, der am Ende der  nephitischen Ära (ca. A.D. 385) lebte, war der vorletzte Hüter der Berichte früherer nephitischer Propheten und Herrscher. Insbesondere hatte er die großen Tafeln Nephis, die die offizielle Nephitenchronik darstellten und die er fortsetzen sollte (Morm. 1:4). Später fertigte er seine eigenen Tafeln Mormons, auf denen er einen Auszug der großen Tafeln Nephis zusammenstellte (WMorm 1:3-5, 3 Ne. 5:9-10). Dieser Auszug umfasste 985 Jahre in der Geschichte der Nephiten, von Lehi an bis zu seiner Zeit. Die großen Tafeln schöpften aus noch früheren Quellen und den Schriften verschiedener Propheten. Häufig umfassten sie unterschiedliche Quellenmaterialien wie Briefe, Segen, Ansprachen und Memoiren.

Nachdem Mormon seinen Auszug bis zur Herrschaft von König Benjamin fertiggestellt hatte (ca. 130 vor Chr.), entdeckte er die kleinen Tafeln Nephis. Sie stellen eine getrennte Geschichte derselben Zeitperiode dar und konzentrieren sich auf die geistigen Ereignisse jener Jahre, dabei wird ausführlich aus den Messingtafeln zitiert. Mormon fühlte sich inspiriert die kleinen Tafeln Nephis seinem eigenen Bericht hinzuzufügen und brachte daher eine kurze Erklärung dafür an, wieso die frühe Geschichte der Nephiten zweimal angeführt wird (WMorm 1:2-9).

Mormon führte seinen Auszug fort, indem er von den großen Tafeln auswählte, den Text frei wiedergab und oft seine eigenen Kommentare hinzufügte. Sein Bericht reicht bis in seine eigene Lebenszeit. In Vorahnung seines Todes übergab er die Tafeln an seinen Sohn Moroni. Während der nächsten Jahrzehnte wanderte Moroni allein durchs Leben und schrieb Zusätze zum Bericht seines Vaters, einschließlich zwei Kapitel, die nun in einem vorher von seinem Vater gekürzten Buch enthalten sind (Morm. 7-8), und einen Bericht über die Jarediten, den er von den 24 Goldenen Tafeln Ethers gekürzt hatte. Er schrieb auch eine Kopie der ausführlichen Vision der letzten Tage, die ein früher jareditischer Prophet, der Bruder Jareds, aufgezeichnet hatte, und die Moroni versiegeln sollte (Ether 4:4-5). Außerdem fügte er kurze Beschreibungen von Kirchenritualen (Moro. 1-6), eine Predigt und zwei Briefe von seinem Vater (Moro. 7-9) und eine Ermahnung an zukünftige Leser (Moro. 10) hinzu. Schließlich nahm Moroni diese etwas heterogene Berichtesammlung—die Tafeln Mormons, die kleinen Tafeln Nephis, seinen Auszug aus den Tafeln Ethers und den versiegelten Teil mit der Vision des Bruders Jareds—und vergrub sie in der Erde. Etwa 1400 Jahre später erschien im Jahre 1823 Moroni, nun als auferstandenes Wesen, dem Propheten Joseph Smith uand offenbarte den Ort, an dem sich diese Aufzeichnungen befanden. Die Tafeln Mormons, die danach, außer dem versiegelten Teil,von Joseph Smith übersetzt wurden, sind heute als die Goldenen Tafeln bekannt.

Das heutige englische Buch Mormon allerdings ist nicht einfach eine Übersetzung all dieser goldenen Tafeln. Joseph Smith und Martin Harris begannen damit, die Tafeln Mormons zu übersetzen. Als sie zur Regierung von König Benjamin kamen, hatten sie 116 Seiten übersetzt. Harris borgte diese Seiten, um sie seiner Frau zu zeigen. Dann verlor er sie, und sie wurden nie wieder gefunden (Siehe Manuskript, Verlorene 116 Seiten). Joseph wurde geboten, dieses Material nicht noch einmal zu übersetzen (LuB 10:30-46), sondern stattdessen eine Übersetzung der parallelen kleine Tafeln Nephis einzufügen, die die folgenden Bücher umfassen: 1. Nephi, 2. Nephi, Jakob, Enos, Jarom und Omni. Demzufolge enthält das heutige Buch Mormon nur den zweiten Bericht über die Anfänge der Geschichte der Nephiten.

Die Übersetzung fährt vom Rest der Tafeln Mormons fort, die ein Auszug aus den großen Tafeln Nephis sind. Dieser Auszug umfasst die Bücher Mosia, Alma, Helaman, 3. Nephi, 4. Nephi und Mormon (die letzten zwei Kapitel darin wurden von Moroni geschrieben). Als Nächstes folgen Moronis Auszug der Geschichte der Jarediten (das Buch Ether) und seine abschließenden Bemerkungen (das Buch Moroni). Joseph Smith wurde verboten, die versiegelte Vision des Bruders von Jared zu übersetzen, die anscheinend einen großen Teil der Goldenen Tafeln ausmachte (Ludlow, S. 320). Obwohl Joseph Smith nur von den Goldenen Tafeln übersetzte, sahen er und seine Mitarbeiter viele andere Aufzeichungen (JD 19:38; Millennial Star 40 [1878]:771-72).

DIE MESSINGTAFELN

 Es ist bekannt, dass im Mittelmeergebiet viele Leute des Altertums auf Metalltafeln schrieben. “Wenn es sich um einen wirklich wichtigen Bericht handelte, wurden Tafeln aus Kupfer, Bronze oder sogar wertvolleren Metallen anstelle der gewöhnlichen hölzernen, bleiernen oder tönernen Tafeln benutzt“ (CWHN 5:119, siehe auch H. C. Wright im Journal of Library History 16 [1981]:48-70). So ein metallener Bericht befand sich im Besitz eines gewissen Laban, eines Führers in Jerusalem im Jahre 600 vor Christus. Wie Laban diese Tafeln erlangte und wo sie ursprünglich herkamen, ist nicht bekannt. Mehrere Theorien sind verbreitet worden, einschließlich der Möglichkeit, dass die Messingtafeln aus der Zeit des Joseph von Ägypten stammen (Ludlow, S. 56). Das Buch Mormon besagt, dass Laban und sein Vater den Bericht geerbt und aufgehoben hatten, weil sie Nachfahren dieses Joseph waren (1 Ne. 5:16).

Das Buch Mormon sagt uns, wie der Prophet Lehi in den Besitz der Messingtafeln kam. Nachdem sie aus Jerusalem geflohen waren, gebot Gott Lehi, seine Söhne in die Stadt zurückzusenden, um die Tafeln von Laban zu erhalten. Als er sie in Empfang nahm, fand Lehi heraus, dass sie die fünf Bücher Mose, einen Bericht über die Juden vom Anfang bis zur Herrschaft Zedekiahs, die Prozeiungen der heiligen Propheten für denselben Zeitabschnitt (einschließlich einiger Prophezeiungen von Jeremia) und eine Genealogie von Lehis Vorfahren enthielten (1. Ne. 3- 5).

Nephi und geistige Führer nach ihm schätzten die Messingtafeln sehr. Sie wurden von den großen Propheten, von Nephi bis zu Mormon, weiter gereicht. Und weil sie in einem modifizierten Ägyptisch geschrieben worden waren (Siehe Buch Mormon Sprache), lernten ihre Hüter, diese Sprache zu lesen (Mosia 1:2-4). Die Messingtafeln waren die einfachen Schriften der Nephitennation. Jahrhundertelang lasen ihre Propheten darin, zitierten in Predigten und benutzten Auszüge daraus, um ihre eigenen Berichte zu bereichern. Zum Beispiel schöpfte der Prophet Abinadi seine Kenntnis der Zehn Gebote zumindest indirekt aus den Messingtafeln, als er diese Zehn Gebote in einem Streit mit den Priestern Noas zitierte (Mosia 12- 13). Wie Mosia II sagte: „Denn es wäre nicht möglich gewesen, dass mein Vater Lehi sich alles dessen hätte erinnern können, um seine Kinder darin zu unterweisen, außer mit Hilfe dieser Platten“ (Mosia 1:4).

Buch Mormon-Berichte, besonders die kleinen Tafeln Nephis, zitieren von Zeit zu Zeit aus den Messingtafeln. Diese Zitate beinhalten 22 komplette Kapitel aus Jesaja. Obwohl die Übersetzung dieser Zitate im Allgemeinen dem Wortlaut der King James Version der Bibel folgt, bestehen viele bedeutende Unterschiede, die auf die Existenz älterer textlicher Quellen deuten mögen (Tvedtnes, S. 165-77). Aus den Schriftzitaten im Buch Mormon ist weiterhin ersichtlich, dass die Messingtafeln einen ausführlicheren Bericht über die Schriften der hebräischen Propheten enthielten, als es das heutige Alte Testament tut. Zum Beispiel beinhaltet das Buch Mormon Prophezeiungen von Joseph von Ägypten, die sich nicht in der Bibel finden. Es enthält auch Schriften von Zenos, Zenock, Neum und Ezias. Sie sind Propheten, die im Alten Testament nicht spezifisch genannt werden.

DER BERICHT LEHIS

Unglücklicherweise war Mormons Auszug aus dem Bericht  Lehis das Material, was auf den 116 Manuskriptseiten übersetzt war, die verlorengingen. Daher findet es sich nicht im heutigen Buch Mormon. Lehi schrieb eine Schilderung seines Lebens und seiner geistigen Erfahrungen. Sie ist auf den großen Tafeln Nephis enthalten (1 Ne. 19:1). Mormon gab einen Auszug dieser Aufzeichnungen in seinen Tafeln wider, und Joseph Smith übersetzte ihn. Aber da sie durch Martin Harris verlorengingen, ist sehr wenig darüber bekannt—außer dem, was man aus Verweisen in anderen Texten schlussfolgern kann (Brown, S. 25-32, Siehe auch das Vorwort zur ersten Ausgabe [1830] des Buches Mormon). Wenn Nephi und Jakob die Worte Lehis zitieren, scheinen sie aus diesem nun verlorenen Text zu zitieren, und zumindest die ersten acht Kapitel vom 1. Nephi (Teil der kleinen Tafeln) scheinen auf dem Bericht Lehis zu basieren. Weitere Passagen auf den kleinen Tafeln wurden vielleicht auch jenem Bericht entnommen.

DIE GROSSEN TAFELN NEPHIS

Nephi begann die großen Tafeln bald nach seiner Ankunft in der Neuen Welt. Sie waren die offizielle kontinuierliche Chronik der Nephiten von der Zeit an, als sie Jerusalem verließen (ca. 600 vor Chr.), bis sie ausgerottet wurden (A.D. 385). Anscheinend wurden die großen Tafeln in Bücher unterteilt, die alle  nach ihrem Hauptautor benannt waren. Diese Tafeln „enthielten einen vollen Bericht über die Geschichte des Volkes [Nephi]“ (1. Ne. 9:2, 4, 2. Ne. 4:14, Jakob 1:2-3), die Genealogie Lehis (1. Ne. 19:2) und den „größeren Teil dessen, was der auferstandene Jesus Christus die Nation der Nephiten gelehrt hatte (3. Ne. 26:7)“ (Ludlow, S. 57). Sie wurden als einfache weltliche Geschichte begonnen, aber später in einem Bericht kombiniert und sie vermischten eintausend Jahre nephitischer Geschichte und religiöser Erfahrungen.

Die großen Tafeln betonen die mit dem Haus Israel geschlossenen Bündnisse und zitieren messianische Prophezeiungen von Propheten aus der Alten Welt, die sich nicht im Alten Testament befinden. Diese Informationen wurden den MessingTafeln entnommen, die Lehis Kolonie aus Jerusalem mitgebracht hatte. Sie dokumentieren außerdem Kriege und Auseinandersetzungen, Korrespondenz zwischen Militärführern und enthalten Informationen über verschiedene Missionarsreisen. Die Eingriffe und die Wunder wirkende Macht Gottes durchdringen diesen Geschichtssbericht. Die festgehaltenen Predigten König Benjamins, Abinadis und Alma II zeigen das tiefe Verständnis dieser Personen vom Evangelium Jesu Christi und ihren Glauben an sein prophezeites Kommen. Diese Tafeln umfassen auch einen Bericht über die Lehren Christi und darüber, wie er nach seiner Auferstehung unter dem Volk der westlichen Erdhalbkugel gedient hat (3. Ne. 11- 28).

Die großen Tafeln Nephis wurden von König zu König weitergegeben, bis sie in die Hände Mosia II gelangten. Er fügte den großen Tafeln Aufzeichnungen wie jene von  Zeniff und Alma I hinzu und gab sie Alma II. Die Tafeln waren später bis zu Ammarons Zeiten Anfang des vierten Jahrhunderts nach Christus im Besitz einer Reihe von Propheten. Ammaron wählte Mormon, der damals erst ein Kind war, um den Bericht fortzusetzen, wenn er herangewachsen war. Mormon verzeichnete die Ereignisse seiner Ära auf den großen Tafeln und benutzte sie dann als Quelle für seine Kurzfassung, die später im Hügel Cumorah vergraben wurde. Joseph Smith erhielt nicht die großen Tafeln, aber das Buch Mormon deutet an, dass sie vielleicht eines Tages noch der Welt bekannt gemacht werden (3. Ne. 26:6-10).

DIE KLEINEN TAFELN NEPHIS

Etwa zwanzig Jahre nachdem Nephi die großen Tafeln begonnen hatte, empfing Nephi die Aufgabe, einen weiteren Satz Tafeln anzufertigen. Dieser zweite Satz sollte als Aufzeichnung über das geistliche Leben seines Volkes aufbewahrt werden (1. Ne. 9, 2. Ne. 5:28-33). Sie sollten das enthalten, was für höchst kostbar gehalten wurde-„ein Predigen, das heilig sei, oder eine Offenbarung, die bedeutend sei, oder eine Prophezeiung“ (Jakob 1:2-4).

Die kleinen Tafeln wurden über mehr als vier Jahrhunderte hinweg aufbewahrt. Sie umfassen nicht ganz die Hälfte der Zeit, die auf den großen Tafeln gedeckt ist, und neun Schreiber: Nephi, Jakob, Enos, Jarom, Omni, Amaron, Kemisch, Abinadom und Amaleki. Alle dieser Autoren waren die Söhne oder Brüder ihrer Vorgänger. Auch wenn diese Tafeln viele verschiedene Autoren über einen langen Zeitraum hinweg vertreten, wurden 80 Prozent des Textes von Nephi, dem ersten Schreiber, und zusätzliche 12 Prozent von seinem Bruder Jakob geschrieben.

Mormon fügte seinem Bericht die kleinen Tafeln bei, als er die Tafeln von Mormon an seinen Sohn Moroni übergab, weil ihm ihr Zeugnis von Christus gefiel und weil er durch den Geist des Herrn den Eindruck bekam, dass er sie „für einen weisen Zweck“ hinzufügen sollte (WMorm 1:3-7). Da die kleinen Tafeln den schon in seiner Kurzfassung des Berichtes von Lehi festgehaltenen historischen Zeitraum deckten (und zwar von Lehi bis zur Herrschaft König Benjamins) und da das Buch Mosia mit dem Ende von König Benjamins Herrschaft begann, hielt Mormon es allerdings für notwendig, eine kurze Erklärung zu schreiben, um zu zeigen, wie die kleinen Tafeln Nephis mit dem Buch Mosia in Verbindung stehen. Er betitelte diese Erklärung „Worte Mormons“.

Während die Schreiber der kleinen Tafeln die Notwendigkeit eines historischen Berichts erkannten, war ihr Hauptzweck, über Christus zu sprechen, Christus zu predigen und von Christus zu prophezeien (2. Ne. 25:26). Da Nephi darum bemüht war, sein Volk die Bündnisse und Verheißungen zu lehren, die dem alten Israel gegeben worden waren, fertigte er eine Zusammenfassung dieser Lehren von früheren Propheten an, wie sie auf den Messingtafeln verzeichnet ist. Er zitierte ausführlich vom Propheten Jesaja (2. Ne. 12-24, siehe weiter Jes. 2-14) und schrieb dann einen Kommentar darüber. Er sagte die Zukunft der Juden, Lamaniten und Andern voraus und prophezeite viel darüber, was in den letzten Tagen geschehen würde (2. Ne. 25-30).

Jakob setzte die Art seines Bruders fort, indem er seine eigenen Predigten und ein langes Zitat aus der Prophezeiung von Zenos und seine Erklärung dazu niederschrieb. Die Schriften späterer Autoren auf den kleinen Tafeln sind viel kürzer und weniger auf geistige Angelegenheiten ausgerichtet.

Amaleki bemerkte in seinen Schriften, dass die kleinen Tafeln voll waren, und übergab sie an König Benjamin (Omni 1:25, 30), der daraufhin im Besitz sowohl der großen als auch der kleinen Tafeln Nephis und auch der Messingtafeln war. Alle diese gesammelten Tafeln wurden von einer Generation an die nächste weitergegeben, bis sie Mormon anvertraut wurden.

DIE TAFELN MORMONS

Nachdem Mormon die Tafeln empfangen hatte, fertigte er einen neuen Satz Tafeln an, auf denen er seine Kurzfassung der großen Tafeln Nephis eingravierte (3 Ne. 5:10-11). Diese Kurzfassung und einige Zusätze von Mormons Sohn Moroni machen die Goldenen Tafeln aus, die Joseph Smith gegeben wurden. Er beschrieb sie wie folgt:
Diese Aufzeichnungen waren auf Tafeln graviert, die aussahen wie Gold, jede Tafel war 15 Zentimeter breit und 20 Zentimeter lang und nicht ganz so dick wie gewöhnliches Blech. Sie waren mit eingravierten ägyptischen Zeichen angefüllt und in einen Band zusammengebunden, und zwar wie Seiten in einem Buch. Drei Ringe hielten das Ganze zusammen. Der Band war beinahe 15 Zentimeter dick, ein Teil davon war versiegelt. Die Zeichen auf dem unversiegelten Teil waren klein und sehr schön eingraviert [Jessee, S. 214].

Die durch andere Zeugen gegebenen Beschreibungen fürgen Details hinzu, die darauf hinweisen, dass die Tafeln aus einer Goldlegierung bestanden (möglicherweise Tumbaga) und dass sie etwa fünfzig Pfund wogen (Putnam, S. 788-89, 829-31). Jede Tafel war so dick wie Pergament oder dickes Papier.

Größtenteils entnahm Mormon seine Informationen aus den großen Tafeln Nephis. Ein Großteil des historischen Berichts im Buch Mormon scheint seine Umschreibung früherer Aufzeichnungen zu sein, aber ab und zu erscheinen Dokumente im Text, die in der Ich-Form geschrieben sind. Zum Beispiel umfasst die Erzählung in Mosia 9 und 10 plötzlich einen Bericht von Zeniff aus erster Hand (anscheinend ein früheres Dokument, das Mormon einfach kopiert hat). Danach beginnt mit Kapitel 11 Mormons Umschreibung von Neuem. Darüber hinaus scheinen viele Predigten, Segen und Briefe intakt wiedergegeben worden zu sein.

Dessen ungeachtet können einige Passagen definitiv Mormon zugeschrieben werden: die Kurzfassung seiner Beiträge zu den großen Tafeln (Morm. 1-7), seine von Moroni aufgezeichnete Predigt und Briefe (Moro. 7-9) und die Erklärungen, die er seiner Erzählung hinzufügte. In einigen dieser Einfügungen identifiziert er sich selber (WMorm, 3. Ne. 5:8-26, 26:6-12, 28:24, 4. Ne. 1:23). Aber es ist wahrscheinlich, dass die häufigen „so sehen wir“-Kommentare auch von Mormon stammen und dass er versucht seinen Lesern gegenüber Angelegenheiten von besonderer geistiger Wichtigkeit zu betonen (z.B. Alma 24:19, 27, 50:19-23, He. 3:27-30, 12:1-2).

DIE 24 GOLDENEN TAFELN ETHERS. Diese 24 Goldenen Tafeln waren ein Bericht der alten Jarediten, Einwohnern der amerikanischen Kontinente vor den Nephiten. Dieses bestimmte Volk verließ den Turm zu Babel zu der Zeit, als Gott die Sprachen verwirrte. Ihre prophetischen Führer wurden ans Meer geführt, wo sie acht eigentümliche Boote bauten. Diese Boote wurden vom Wind über die Wasser nach Amerika getrieben, wo die Jarediten sich zu einer großen und mächtigen Nation entwickelten. Viele Jahrhunderte später führten Schlechtigkeit und Kriege zu einem Endkrieg der Vernichtung. Während jenes Endkrieges schrieb Ether, ein Prophet Gottes, ihre Geschichte und geistigen Erlebnisse auf 24 Goldenen Tafeln. Vielleicht verließ er sich dabei auf frühere Aufzeichnungen der Jarediten (Siehe J. Welch, „Preliminary Comments on the Sources behind the Book of Ether“, in F.A.R.M.S. Manuscript Collection, S. 3-7. Provo, Utah, 1986).

Nachdem Ether die Vernichtung seines Volkes miterlebt hatte, versteckte er die 24 Goldenen Tafeln. Viele Jahre später (ca. 121 vor Chr.) wurden sie von einem kleinen Spähtrupp der Nephiten entdeckt und dem Propheten-König Mosiah II übergeben, der sie mit Hilfe von Sehersteinen in die nephitische Sprache übersetzte (Mosia 8:8-9, 28:11-16). Lange Zeit danach (ca. A.D. 400) kürzte Moroni diese Geschicht der Jarediten ab, wie es sein Vater Mormon vorgehabt hatte. Er konzentrierte sich auf geistige Angelegenheiten und fügte inspirierte Kommentare hinzu. Moroni gliederte seinen Auszug—jetzt als das Buch Ether bekannt—in das ein, was er und sein Vater schon geschrieben hatten. (Die 24 Goldenen Tafeln Ethers gehörten nicht zu den von Joseph Smith empfangenen Tafeln.)

CHARAKTERISTIKEN DER BEARBEITUNG DURCH MORMON

Das Buch Mormon ist recht kompliziert. Die vorstehende Zusammenfassung der Tafeln und anderer Aufzeichungen, aus denen das Buch geformt wurde, schöpft aus einer Reihe von verstreuten, aber übereinstimmenden Kommentaren, die im gegenwärtigen Text enthalten sind. Die Schilderung selber ist oft komplex. Zum Beispiel erzählt Mormon in Mosia 1-25 die Geschichten von drei getrennten Gruppen und Untergruppen von Völkern, hauptsächlich vom Volk von Mosia, von Limhi und von Alma-mit ihren entsprechenden Geschichten  und dem Austausch unter ihnen und mit den Lamaniten (Siehe Buch Mormon Völker). Die Geschichte hätte recht verwirrend sein können, da sie im Verlauf der Zeit von einem Volk zum nächsten und zurück springt, aber Mormon hat alles bemerkenswert klar gehalten. Alma 17-26 ist eine langatmige Rückblende auf die Geschichte mehrerer Missionare, als sie ihre alten Freunde wiederum trafen. Alma 43-63 berichtet über einen Krieg mit den Lamaniten und hält dabei die Ereignisse an zwei Fronten klar auseinander.

Mormons Bericht mag noch viel komplexer gewesen sein. Er betont, dass er weniger als den hundertsten Teil des ihm zur Verfügung stehenden Materials darlegt (z.B. WMormon 1:5, 3 Ne. 26:6-7). Ferner vermitteln seine Quellenmaterialien eine Abstammungsgeschichte einer Familie, der von Lehi und seinen Nachfahren, und umfassen nicht alle Ereignisse in der westlichen Welt des Altertums (Sorenson, 1985, S. 50-56). Mormon vereinfacht seinen Bericht noch weiter, indem er wie Jakob unterschiedliche Völker in zwei Hauptgruppen zusammenfasst:
„Diejenigen nun, die nicht Lamaniten waren, die waren Nephiten; doch sie wurden Nephiten, Jakobiten, Josephiten, Zoramiten, Lamaniten, Lemueliten und Ischmaeliten genannt. Aber ich, Jakob, werde sie von nun an nicht mit diesen Namen unterscheiden, sondern nenne Lamaniten diejenigen, die das Volk Nephi zu vernichten trachten. Diejenigen aber, die Nephi freundlich gesinnt sind, werde ich Nephiten oder das Volk  Nephi nennen, gemäß der Regierung der Könige“ [Jakob 1:13-14, Siehe auch Morm. 1:8-9].

Das umfangreiche Bearbeitungsprojekt, das das Buch Mormon hervorbrachte, würde klare Richtlinien für die Auswahl von Materialien erfordern, die einbezogen werden sollten. Mormon erklärt den Zweck für seinen Berichtauszug sehr deutlich. Wie Nephi schreibt er eine Geschichte, um Menschen zu Christus zu bringen, und er schreibt insbesondere für die Menschen späterer Zeiten (2. Ne. 25:23, Morm. 7). Die Tafeln Mormons wurden dazu geschaffen, um in den letzten Tagen hervorzukommen. Mormon ist daran interessiert, die Grundsätze aufzuzählen, die dem Volk am meisten nützen werden. Sein sorgfältiges Redigieren und seine „darum“- und „siehe“-Passagen zielen alle darauf ab, es leichter zu machen, die Morallektion zu identifizieren und zu verstehen.

Schließlich nahm Mormon seine Arbeit als Geschichtsschreiber und Kürzer sehr ernst. Gott befahl ihm, diesen Bericht anzulegen (Titelseite des Buches Mormon, 3. Ne. 26:12). Auch hatte die Gesellschaft der Nephiten eine starke Tradition: Schriftliche Aufzeichnungen sind von größter Bedeutung. Dies war eines der Kriterien, nach denen sie sich von den etwas zahlreicheren Mulekiten unterschieden (Omni 1:14-19). Ferner scheinen die verschiedenen Tafeln als heilige Reliquien und Hoheitssymbole von einem Propheten oder König an den nächsten weitergegeben worden zu sein (Mosia 28:20, 3. Ne. 1:2). Zusätzlich unternahmen die Nephiten einen zeremoniellen Berichtsaustausch, als verschiedene Familienzweige wiedervereinigt wurden (Mosia 8:1-5, 22:14). Was aber vielleicht am wichtigsten ist: Die Nephitem wussten, dass sie—genau wie alle anderen Menschen—zur Verantwortung gezogen und nach dem gerichtet werden würden, was in den Berichten geschrieben steht (2. Ne. 25:21-22, 33:10-15, Morm. 8:12).

BIBLIOGRAPHIE

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Doxey, Roy W. „What is the Approximate Weight of the Gold Plates from Which the Book of Mormon Was Translated?“ In A Sure Foundation: Answers to Difficult Gospel Questions, S. 50-52. Salt Lake City, 1988.
Jessee, Dean C. Personal Writings of Joseph Smith. Salt Lake City, 1984.
Ludlow, Daniel H. A Companion to Your Study of the Book of Mormon. Salt Lake City, 1976.
Putnam, Read H. „Were the Golden Plates Made of Tumbaga?“ IE 69 (Sept. 1966):788-89, 828.
Sorenson, John L. „The "Brass Plates' and Biblical Scholarship“. Dialogue 10 (Herbst 1977):31-39.
Sorenson, John L. An Ancient American Setting for the Book of Mormon. Salt Lake City, 1985.
Sperry, Sidney B. Our Book of Mormon. Salt Lake City, 1950.
Tvedtnes, J. „Isaiah Variants in the Book of Mormon“. In Isaiah and the Prophets, Hg. M. Nyman, S. 165-77. Provo, Utah, 1984.

GRANT R. HARDY
ROBERT E. PARSONS