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AKTIVITÄT IN DER KIRCHE

Für Heilige der Letzten Tage umfasst Aktivität in der Kirche eine Vielfalt an öffentlichen und privaten religiösen Gebräuchen. Sie sind dazu bestimmt, das geistige Wohlergehen der Gläubigen zu erhöhen und gute Werke zu leisten. Wenn Heilige der Letzten Tage davon sprechen „in der Kirche aktiv zu sein“, beziehen sie sich darauf, einen völlig religiösen Lebensstil einzuhalten: Kirchgang, Hingabe, Dienen und Lernen. 1989 berichteten 48 Prozent der erwachsenen Heiligen der Letzten Tage in den Vereinigten Staaten als einen Maßstab ihrer Aktivität, dass sie jede Woche zur Kirche gingen. Dies steht im Vergleich zu 38 Prozent erwachsener Mitglieder anderer Glaubensrichtungen.

Die religiösen Praktiken aktiver Heiliger der Letzten Tage umfassen Folgendes: Besuch von Gottesdiensten und religiösen Bildungsklassen am Sonntag, Zehntenzahlen und andere Geldspenden, Dienen in einer Vielzahl an Kirchenberufungen, Vollzug von Tempelverordnungen für Verstorbene, persönliches und Familiengebet, Schriftenstudium, religiöse Diskussionen mit anderen Familienangehörigen, Aufrechterhalten von Moralverhalten für persönliche Ehrlichkeit und Integrität, genealogische Forschung, gemeinnützigige Arbeit und das Entwickeln von Gewohnheiten sparsam zu sein und sich selbst zu versorgen. Allgemeine Umfragen zeigen, dass nur 67 Prozent der aktiven erwachsenen Heiligen der Letzten Tage täglich beten, obwohl private religiöse Praktiken von der Kirche sehr ermutigt werden. Im Vergleich dazu 83 Prozent in anderen Glaubensrichtungen. Und 41 Prozent berichten, dass sie die Schriften täglich oder mehrmals in der Woche lesen, verglichen mit 52 Prozent in anderen Glaubensrichtungen (Forschungsabteilung, siehe weiter Nationales Meinungsforschungszentrum, Princeton Religionsforschungszentrum).

Religiöse Aktivität kann im Laufe des Lebens unterschiedlich sein. Dies hängt von mehreren persönlichen und Situationsvariablen ab. Im Allgemeinen ist die Rate der öffentlichen und privaten religiösen Aktivität unter Frauen etwas höher als bei Männern. Dieser Unterschied in religiöser Aktivität aufgrund des Geschlechts findet sich in jeder Glaubensgemeinschaft. Zusätzlich wird die religiöse Aktivität erwachsener Heiliger der  Letzten Tage beeinflusst durch (1) religiösen Hintergrund, einschließlich religiöse Aktivität der Eltern, religiöses Leben daheim und religiöse Aktivität während der Kindheit und Jugend und (2) derzeitige Lebensumstände, einschließlich Ehestand und Erziehungs- oder Berufsstand. Zu Kirchenmitgliedern, bei denen weniger religiöse Aktivität am wahrscheinlichsten ist, zählen Erwachsene, die außerhalb des Glaubens geheiratet haben, Erwachsene, die geschieden sind oder nie geheiratet haben, Erwachsene mit weniger als einer Highschoolbildung, die Arbeiter sind, und Erwachsene ohne religiösen Hintergrund.

Das Alter hat auch eine wichtige Wirkung auf die religiöse Aktivität. In den Vereinigten Staaten gehen 85 Prozent der HLT-Kinder, die unter zehn Jahre alt sind,  drei- oder viermal im Monat zu Kirchenversammlungen. Aber der Anteil häufiger Kirchgänger nimmt im Laufe der folgenden fünfzehn Jahre ab: 55 Prozent während der mittleren Twenjahre. Dann steigt die Anwesenheit auf 60 Prozent für 40jährige, fällt auf bloße 50 Prozent für Mittfünfziger und steigt dann wieder auf 60 Prozent für 70jährige.

Wenn Leute ihre aktive Teilnahme am religiösen Leben ihrer Kirche eine Zeitlang aussetzen, spricht man von „Dis-Engagement“. Dis-engagierte HLT Kirchenmitglieder werden gewöhnlich als „inaktive“ oder „weniger aktive“ Mitglieder bezeichnet. Während sie nicht regelmäßig zur Kirche kommen oder an anderen öffentlichen religiösen Praktiken teilnehmen, identifizieren sich inaktive Heilige der Letzten Tage gewöhnlich weiterhin stark mit der Kirche und schätzen diese Identität (Albrecht, Cornwall und Cunningham). Forschungsstudien zeigen, dass religiöse Sozialisierung in der Familie viel darüber aussagt, ob jemand als Jugendlicher oder junger Erwachsener eine Zeitlang inaktiv seiin wird. Dies beschreibt die Erfahrung der Heiligen der Letzten Tage genau. Bei Kirchenmitgliedern aus Familien, wo beide Eltern HLT sind und regelmäßig zur Kirche gehen, beten, die Schriften lesen und Religion mit ihren Kindern diskutieren, ist es weniger wahrscheinlich, dass sie eine Zeitlang inaktiv sind, als bei jenen, die aus Familien kommen, wo nur ein oder kein Elternteil regelmäßig zur Kirche geht oder die Religion daheim ausübt.

Etwa 75 Prozent von Heiligen der Letzten Tage, die ihr ganzes Leben lang dabei sind, sind irgendwann einmal für ein Jahr oder länger inaktiv. Dis-Engagement beginnt meistens im Alter zwischen 14 und 20 Jahren. Von jenen, die wegbleiben, kehren 60 Prozent Mitte zwanzig oder Anfang dreißig zur aktiven Teilnahme zurück, wenn sie heiraten und eine Familie gründen. Einige Heilige der Letzten Tage, die nicht mehr zur Kirche gingen, wurden gebeten, Gründe dafür aufzulisten. Lebensstil und Probleme  sozialer Integration wurden am häufigsten genannt. Mehr als die Hälfte sagten, sie hätten andere Interessen gefunden, die dazu führten, dass sie immer weniger Zeit bei kirchlichen Aktivitäten verbrachten. 42 Prozent berichteten, dass sie das Gefühl hätten, ihr Lebensstil passe nicht mehr zur Kirchenteilnahme. 40 Prozent sagten, sie hätten das Gefühl nicht dazu zu gehören oder hinein zu passen. Und 25 Prozent sagten, sie hätten das Gefühl, es mache niemandem etwas aus, ob sie kämen oder nicht. Zu den weniger häufigen Gründen zählen: Umzug in eine andere Gegend, Arbeitszeitkonflikte, Krankheit, mit jemandem verheiratet sein, der inaktiv oder kein Mitglied der Kirche ist, und Konflikte mit Kirchenmitgliedern, Programmen oder Lehren.

Für jene, die sich als Teenager oder Erwachsene der Kirche anschließen, ist das Risiko der Inaktivität in den ersten ein oder zwei Jahren am größten (siehe Bekehrung). Etwa 70 Prozent neubekehrter Heiliger der Letzten Tage in den Vereinigten Staaten, die inaktiv werden, kommen innerhalb von drei bis fünf Jahren nicht mehr zur Kirche. Von jenen, die aussteigen, kehren 45 Prozent innerhalb von fünf bis zehn Jahren zur aktiven Teilnahme zurück. Die Aktivität unter diesen Bekehrten wird beeinflusst durch (1) die persönlichen Eigenschaften eines Bekehrten wie religiöser Hintergrund, Alter und Ehestand, (2) wie der Bekehrte persönlich am Untersuchungsvorgang teilgenommen hat,  ob er zum Beispiel den Geist gespürt und Gottesdienste besucht hat und (3) das Ausmaß der gesellschaftlichen Beziehungen mit anderen Heiligen der Letzten Tage vor und nach der Taufe.

In jeglicher religiösen Tradition sind gesellige Beziehungen kritisch für die Entwicklung und Aufrechterhaltung religiöser Aktivität. Das religiöse Leben spielt sich im Zusammenhang eines Netzwerks sozialer Bindungen innerhalb der Familie, der Gemeinde und der Gemeinschaft ab. Zusätzlich werden durch gesellschaftliche Beziehungen religiöse Traditionen von einer Generation an die nächste weitergegeben und religiöse Praktiken geteilt und ausgedrückt. Religiöse HLT-Aktivität hat ihr Zentrum in der Familie und in der Gemeinde (siehe Gemeinde). In dieser Umgebung lernen Kinder und Neubekehrte durch Unterweisung und Beispiel, was es bedeutet ein „aktiver“ Heiliger der Letzten Tage zu sein (siehe Werte(n), Weitergeben von).

BIBLIOGRAPHIE

Albrecht, Stan L. „The Consequential Dimension of Mormon Religiosity“. BYU Studies 29 (Spring 1989):57-108.
Albrecht, Stan L., Marie Cornwall und Perry H. Cunningham. „Religious Leave-Taking: Disengagement and Disaffiliation Among Mormons“. In Falling from the Faith, Hg. David G. Bromley, S. 62-80. Newbury Park, Calif., 1988.
Center for Demography and Ecology, University of Wisconsin-Madison. National Survey of Families and Households. Madison, 1987.
Cornwall, Marie. „The Social Bases of Religion: A Study of Factors Influencing Religious Belief and Commitment“. Review of Religious Research 29 (Sept. 1987):44-56.
Cornwall, Marie. „The Influence of Three Agents of Religious Socialization: Family, Church, Peers“. In The Religion and Family Connection: Social Science Perspectives, Hg. Darwin L. Thomas, S. 207-231. Provo, Utah, 1988.
Cornwall, Marie. „The Determinants of Religious Behavior: A Theoretical Model and Empirical Test“. Social Forces 68 (1989):283-99.

Forschungszentrum, Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Umfrage unter Kirchenmitgliedern (1981-1984), unveröffentlicht.
Nationales Meinungsforschungszentrum. General Social Survey. Chicago, 1988.
Princeton Religionsforschungszentrum. Religion in America. Princeton, N.J., 1982.

PERRY H. CUNNINGHAM